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       # taz.de -- Suche nach Attentätern in Kenia: Nairobis Angst vor dem Terror
       
       > Die Polizei sucht die Urheber des jüngsten Bombenanschlags mit über 30
       > Verletzten. Die Öffentlichkeit fürchtet, dass das nur eine Generalprobe
       > war.
       
   IMG Bild: Kenias Sicherheitsminister macht die radikalislamische Shabaab-Miliz aus Somalia für den Anschlag verantwortlich.
       
       NAIROBI taz | „Seit letztem Jahr werden öffentliche Gebäude, wo Ausländer
       hinkommen, extra bewacht – aber dort, wo zwar viele Menschen hinkommen,
       aber kaum Ausländer, gibt es kaum Polizisten.“ Schuhputzer Joseph Mwangi
       wundert sich. Sein Arbeitsplatz auf einer Straße der kenianischen
       Hauptstadt Nairobi ist ganz in der Nähe von der Stelle, wo am Montag bei
       einem Bombenanschlag mehr als 30 Menschen verwundet wurden, davon einige
       schwer.
       
       Erst einen Tag nach der Explosion konnte die Polizei mit Sicherheit sagen,
       dass es sich um eine Bombe gehandelt hatte, wahrscheinlich gebastelt aus
       landwirtschaftlichen Chemikalien. Vorher war über einen Kurzschluss
       spekuliert worden. Die Bestätigung, dass es sich tatsächlich um einen
       Anschlag handelte, kam, als US-amerikanische FBI-Beamte in die Ermittlungen
       eingeschaltet wurden. Jetzt sind Kenianer böse und nervös.
       
       „Bei verschiedenen Anschlägen sind schon zahlreiche unschuldige Kenianer
       ums Leben gekommen. Was tut die Polizei, um uns zu schützen? Wir bezahlen
       sie schließlich mit unserem Steuergeld“, bemerkt Sheikh Juma Ngao,
       Vorsitzender des kenianischen Muslimrates. Er verlangt, dass Mitarbeiter
       der Antiterroreinheit der Polizei gefeuert werden. Die Polizei hat in Kenia
       einen schlechten Ruf, sie gilt als korrupt und unprofessionell.
       
       Kenias Sicherheitsminister macht jetzt die radikalislamische Shabaab-Miliz
       aus dem Nachbarland Somalia für den Anschlag verantwortlich. Die Gruppe hat
       darauf noch nicht reagiert. Doch seit kenianische Truppen voriges Jahr in
       Somalia einmarschierten, um die mit al-Qaida liierte Gruppe zu bekämpfen,
       und die Shabaab daraufhin mit Angriffen in Kenia drohte, sind bereits ein
       Dutzend Kenianer bei Granatenanschlägen ums Leben gekommen.
       
       Anfangs nur im Nordosten des Landes, der an Somalia grenzt. Aber im März
       wurde das erste Attentat in der Hauptstadt Nairobi ausgeführt, auf einen
       vollen Busbahnhof. Dabei wurde ein Mann getötet. Und am vergangenen Montag
       wurde zum ersten Mal eine Bombe benutzt. Kenianer fürchten: Das war eine
       Generalprobe für Schlimmeres.
       
       ## Auch der Tourismus ist getroffen
       
       Die kenianische Währung und die Börse in Nairobi sanken in Reaktion auf den
       Anschlag. Auch der Tourismus, eine der wichtigsten Einnahmequellen des
       Landes, wurde getroffen. „Kurz nach dem Anschlag kamen Absagen“, sagt Mike
       Macharia, Vorsitzender des kenianischen Verbandes der Hotel- und
       Restauranteigentümer. „Kenia muss jetzt zeigen, dass es die Sicherheit von
       Besuchern garantieren kann. Sonst wird es eine ganz schlechte Saison.“
       
       Augenzeugen des Anschlags haben berichtet, dass ein Mann mittleren Alters
       mit Bart eine Tasche in einem kleinen Bekleidungsgeschäft abstellte. Er gab
       an, ein T-Shirt kaufen zu wollen, und ging schnell nach draußen, um einen
       Freund zu holen, der ihm bei der Auswahl helfen solle. Kurz nachdem er das
       Gebäude verließ, explodierte die Bombe.
       
       Die Polizei sucht jetzt zwei Männer. Einer ist Emrah Erdogan, ein Mann
       deutscher oder türkische Herkunft. Nach Angaben der Polizei reiste er
       Anfang Mai aus Somalia nach Kenia ein. Es ist unklar, ob die zwei Gesuchten
       zu einer Vierergruppe gehören, der die Polizei seit längerer Zeit per
       Handyüberwachung auf der Spur war. Einige Tage vor dem Bombenanschlag
       verlor die Polizei die Gruppe aus den Augen, nachdem sie die SIM-Karten in
       ihren Handys auswechselten.
       
       „Die Frage war nicht, ob es einen Bombenanschlag geben würde, sondern
       wann“, meint die Eigentümerin eines Schuhgeschäftes im Zentrum von Nairobi.
       „Offensichtlich mangelt es an präventiven Maßnahmen.“
       
       Die Frau hat Angst. Am Montag war nicht ihr erster Bombenanschlag. Sie war
       auch 1998 im Stadtzentrum Nairobis, als al-Qaida die US-Botschaft mit einer
       Autobombe in die Luft jagte. Dabei kamen 291 Menschen ums Leben, über 500
       wurden verwundet. Vier Jahre später starben 13 Menschen bei einem Angriff
       auf ein Hotel in der Küstenstadt Mombasa. Diese Erinnerungen sind noch
       wach.
       
       1 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ilona Eveleens
       
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