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       # taz.de -- Demonstranten in Moskau festgenommen: Kein Spaziergang
       
       > Am Wochenende sind in Russland Regierungsgegner und Homosexuelle wie auch
       > Gegner der „Gay Parade“ festgenommen worden. Menschenrechtler üben
       > Kritik.
       
   IMG Bild: Eine Unterstützerin der Opposition demonstriert am Sonntag auf dem roten Platz in Moskau.
       
       MOSKAU dpa | Nach einem friedlichen Protest gegen Kremlchef Wladimir Putin
       auf dem Roten Platz in Moskau hat die russische Polizei etwa 100 Menschen
       vorübergehend festgenommen. Die Regierungsgegner waren in weißer Kleidung
       und mit weißen Bändern, dem Zeichen der Opposition, aber ohne Plakate durch
       die Innenstadt spaziert. Als sich die Demonstranten einer
       Oppositionsversammlung in der Fußgängerzone anschließen wollten, griffen
       Sicherheitskräfte zu, wie Medien in Moskau am Montag berichteten.
       
       Menschenrechtler kritisierten die Festnahmen vom Sonntagabend als
       ungesetzlich. „Das ist unsere Stadt, und wir können hier spazierengehen“,
       sagte Ljudmila Alexejewa von der Moskauer Helsinki Gruppe.
       
       Auch in der zweitgrößten Stadt St. Petersburg nahm die Polizei mehrere
       Regierungsgegner in Gewahrsam, die ebenfalls einen „weißen Spaziergang“
       planten. Für Entrüstung sorgte unterdessen eine Ankündigung, dass sechs
       Polizisten, die bei Protesten am 6. Mai verletzt worden waren, als
       Entschädigung neue Wohnungen in Moskau erhalten sollen. Hunderte Rentner
       und Schwerbehinderte warteten seit Jahren auf versprochene Appartments,
       kritisierten Internetblogger.
       
       Außerdem sind bei einer Schwulen-Kundgebung in Moskau etwa 40 Homosexuelle
       und auch Gegner der „Gay Parade“ vorübergehend festgenommen worden. Der
       Chef des russischen Homosexuellen-Verbandes, Nikolai Alexejew, wurde
       ebenfalls abgeführt und bekam eine Anklage wegen Organisation einer nicht
       genehmigten Versammlung. Alexejew zeigte sich zufrieden. „Wir haben einmal
       mehr gezeigt, dass die Regierung illegal handelt“, sagte er.
       Menschenrechtler kritisierten die Festnahmen.
       
       Ein massives Polizeiaufgebot sicherte den Demonstrationsort gegenüber dem
       Rathaus im Zentrum der Hauptstadt. Dort versammelten sich auch
       Nationalisten sowie Ultraorthodoxe und versuchten, Teilnehmer anzugreifen.
       Zwei Journalisten, die nicht über die "Gay Parade" am Vortag berichtet,
       sondern daran teilgenommen hätten, seien festgenommen worden, teilte die
       Polizei mit. Homosexualität ist in Russland straffrei. Die Behörden
       verbieten aber regelmäßig geplante Schwulenparaden im größten Land der
       Erde.
       
       Erst kürzlich erließ die Touristenmetropole St. Petersburg ein umstrittenes
       Gesetz, das „Homosexuellen-Propaganda“ unter Strafe stellt. Bürgerrechtler
       kritisieren, dadurch werde die Aids-Vorsorge erschwert. Die
       Regierungspartei Geeintes Russland von Ministerpräsident Dmitri Medwedew
       begründet die Initiative hingegen mit dem Kinderschutz. Auch das Moskauer
       Stadtparlament und die Staatsduma diskutieren über eine entsprechende
       Gesetzesvorlage. Die einflussreiche orthodoxe Kirche und weite Teile der
       Gesellschaft lehnen Homosexualität ab.
       
       28 May 2012
       
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