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       # taz.de -- Kommentar Sonderwirtschaftszonen: Mit Niedrigsteuern gegen Schulden
       
       > Die Bundesregierung möchte die Krise in Südeuropa bekämpfen: mit
       > Sonderwirtschaftszonen und Niedrigsteuern. Als ob das Problem an zu hohen
       > Staatseinnahmen läge.
       
       Darauf muss man erst mal kommen: Mit Sonderwirtschaftszonen, in die
       Unternehmen mit Niedrigsteuern angelockt werden sollen, will die
       Bundesregierung angeblich die Krise in Südeuropa bekämpfen – als ob das
       Problem dort nicht an zu niedrigen, sondern an zu hohen Staatseinnahmen
       liegen würde.
       
       Einen ähnlichen Vorschlag hatte Wirtschaftsminister Philipp Rösler schon im
       vergangenen Jahr gemacht. Wenn diese Forderung nun tatsächlich offizielle
       Position der Bundesregierung würde, wäre das – ganz abgesehen von möglichen
       Problemen mit dem europäischen Wettbewerbsrecht – ein Rückfall in alte
       Fehler. Der Wettbewerb der Mitgliedstaaten um niedrigere Steuern, den auch
       Deutschland mit vorangetrieben hat, ist ein wesentlicher Grund für die
       schlechte Situation vieler Staatshaushalte.
       
       Auf EU-Ebene setzt sich gerade mühsam die Erkenntnis durch, dass eine
       steuerliche Harmonisierung mit Mindestsätzen, die von niemandem
       unterschritten werden dürfen, eine wichtige Voraussetzung für eine
       funktionierende Währungsunion sind. Und dass zur Bekämpfung der Rezession
       in vielen europäischen Staaten neue Einnahmen nötig sein werden, ist auch
       kaum zu bestreiten.
       
       In den betroffenen Ländern, das ist zudem abzusehen, werden die neokolonial
       anmutenden Vorschläge von rechtsfreien Räumen im eigenen Land zudem die
       Vorbehalte gegen Europa und speziell Deutschland weiter verstärken. Zumal
       auch die anderen Vorschläge wie ein besseres Ausbildungssystem und
       Arbeitsmarktreformen sicher nicht alle verkehrt sind, aber in ihrer Häufung
       doch sehr den Eindruck vermitteln, dass am deutschen Wesen die EU genesen
       soll.
       
       Wenn die Regierung wirklich an Wachstum und Konsolidierung interessiert
       ist, sollte sie diese Pläne noch einmal gründlich überarbeiten.
       
       25 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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