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       # taz.de -- 78. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Musoni und die Diamanten im Koffer
       
       > Der FDLR-Vizepräsident Straton Musoni hatte neun Jahre lang Diamanten im
       > Koffer. Aus Sambia, sagen seine Anwälte, und er habe das ganz vergessen.
       
   IMG Bild: Ich hab noch einen Koffer ... Straton Musoni im Stuttgarter Gerichtssaal.
       
       STUTTGART taz | Der Kriegsverbrecherprozess gegen Ignace Murwanashyaka und
       Straton Musoni, Präsident und 1. Vizepräsident der im Kongo kämpfenden
       ruandischen Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), kann
       weitergehen.
       
       Der Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen den zuständigen Senat am OLG
       Stuttgart im Zusammenhang mit dem Überlassen von Beweismitteln an die UNO,
       der für eine Unterbrechung der Verhandlung gesorgt hatte, wurde abgelehnt
       und die Hauptverhandlung am 21. Mai regulär wieder aufgenommen.
       
       Zum Abschluss dieses Verhandlungstages stellt die Verteidigung des
       FDLR-Vizepräsidenten Musoni einen kuriosen Antrag: der Reisepass Musonis -
       längst abgelaufen - solle als Beweismittel eingeführt werden, ebenso das
       Asservat über Rohdiamanten bei Musoni. Es wurden nämlich bei der
       Hausdurchsuchung Musonis bei seiner Verhaftung im November 2009
       Rohdiamanten gefunden, geht aus dem Antrag hervor.
       
       Musoni sei im Jahr 2000, zur Zeit der Gründung der FDLR, im Kongo sowie in
       Sambia gewesen, führen die Anwälte aus. Die gefundenen Couverts mit
       Rohdiamanten würden aus Sambia stammen, nicht aus dem Kongo.
       
       Es ist eine kuriose Geschichte, die die Verteidigung da auftischt.
       Markthändler in Sambia hätten Musoni Musikkassetten zu je 1 US-Dollar
       verkauft und ihm auch Diamanten angeboten. Die habe Musoni nicht gewollt.
       Die Händler seien jedoch stur geblieben und hätten Musoni ein weiteres
       Angebot gemacht: Weitere 20 Kassetten plus einen Diamanten.
       
       Musoni habe sich für die Musik interessiert, nicht für die Diamanten. Aber
       genommen hat er sie wohl schon: Er erinnere sich an „zwölf bis fünfzehn“
       kleine Steine, sagen die Anwä#lte. Die habe er aber seit der Reise nicht
       mehr angesehen, er habe sie neun Jahre lang (bis zu seiner Verhaftung 2009
       und der Hausdurchsuchung) in seinem Koffer vergessen.
       
       Mit „Geschäften der FDLR“ habe das also nichts zu tun. Was Musoni damals
       aber in Sambia machte und was genau er im Kongo tat, das enthüllen die
       Anwälte nicht.
       
       ## Videoaufnahmen aus Ruanda
       
       Im Mittelpunkt des Verhandlungstages stand die Inaugenscheinnahme der
       Videovernehmung eines ehemaligen FDLR-Kämpfers in Ruanda durch die
       Bundesanwaltschaft. Der Zeuge ist eigentlich nach Stuttgart geladen,
       derzeit aber unauffindbar; daher wird das Video seiner im Oktober 2009 in
       Ruanda durchgeführten Vernehmung jetzt im Gerichtssaal vorgespielt und
       sorgt für nicht weniger heftige Diskussionen als wenn der Zeuge persönlich
       anwesend wäre.
       
       Der Ruander stieß im Alter von 12 Jahren zu den ruandischen Milizen im
       Kongo, vermutlich 1997, und erlebte die Gründung der FDLR mit. Er diente
       später, nach 2001, mit der FDLR in der PRovinz Nord-Kivu im Osten des
       Kongo. Die Uniformen erhielten die Kämpfer damals von Kongos
       Regierungsarmee, bestätigt er - offiziell hatte Kongos Regierung 2002
       Ruanda zugesagt, die Unterstützung der ruandischen Hutu-Kämpfer
       einzustellen.
       
       Er bestätigt, wie andere Zeugen, dass die FDLR anfangs gut mit Kongos Armee
       zusammenarbeitete, gegen die Rebellen des kongolesischen Tutsi-Generals
       Laurent Nkunda. „Wir haben mit ihnen ut zusammengearbeitet, weil sie immer
       unsere Unterstützung in der Zeit von Nkunda erfragt haben“, sagt er. Sogar
       Mineralien habe die FDLR damals der kongolesischeen Armee abgekauft und „an
       Händler in Goma und Kisangani verkauft“.
       
       Redaktion: Dominic Johnson
       
       25 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bianca Schmolze
       
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