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       # taz.de -- Landtagswahlkampf: Warmlaufen in Niedersachsen
       
       > Niedersachsens große Parteien rüsten sich für die Landtagswahl im Januar.
       > Die SPD gewinnt in jüngsten Umfragen, die CDU droht, baden zu gehen.
       
   IMG Bild: Symbolträchtiges Bild: CDU-Ministerpräsident David McAllister säuft samt seiner Regierungsmannschaft beim Drachenbootrennen im Zwischenahner Meer ab.
       
       HANNOVER taz | Alle Augen auf Niedersachsen: Nach den Wahlen in
       Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein steht hier am 20. Januar 2013
       die voraussichtlich letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl an – und das
       Abschneiden von Schwarz-Gelb in Niedersachsen wird dann auch als
       Stimmungstest für Schwarz-Gelb im Bund gelten. Entsprechend läuft der
       Wahlkampfmotor der Parteien in Hannover spürbar an.
       
       Gelassen und ausgeruht tritt SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil auf, als er
       am Freitag in Hannover erste Punkte seines Regierungsprogramms für den Fall
       eines Wahlsiegs vorstellt. Genau den prognostiziert die jüngste NDR-Umfrage
       Weil, derzeit noch Oberbürgermeister in Hannover: Seine SPD steht in dem am
       Dienstag veröffentlichten Meinungsbild erstmals seit zehn Jahren in der
       Wählergunst vor der CDU. SPD und Grüne kämen mit 36 und 13 Prozent der
       Stimmen auf eine stabile Mehrheit.
       
       So fällt es Weil sichtlich leicht, Erleichterungen für Neugründungen von
       Gesamtschulen zu versprechen und anzukündigen, alle Schulformen erhalten zu
       wollen – auch die umstrittene Oberschule, die Schwarz-Gelb vor einem Jahr
       als Gesamtschul-Gegenmodell eingeführt hat. Verabschiedet wird das
       Wahlprogramm, bei dem die SPD vor allem auf das Thema Bildung setzt, bei
       einem Parteitag im November. Bis dahin setzt Weil auf „sozialdemokratische
       Schwarmintelligenz“, wie er es nennt: Auf über 100 Veranstaltungen und im
       Internet stellt die SPD-Landesspitze Positionspapiere Mitgliedern und
       Nichtmitgliedern zur Diskussion.
       
       Bei der CDU freut man sich unterdessen, in Sachen Wahlprogramm Vorbild der
       Konkurrenz zu sein, wie Parteisprecher Torben Stephan sagt. Hier wird schon
       seit Monaten am Programm gearbeitet, auch hier setzt man auf Dialog: Seit
       Mitte März laufen Themenkonferenzen, bei denen Mitglieder und
       Öffentlichkeit mit CDU-Bundes- und Landesministern über deren Fachthemen
       diskutieren. Laut Stephan mit reger Beteiligung: Allein im Internet
       verfolgten bis zu 3.000 Zuschauer die Konferenzübertragungen.
       
       Viel mehr Anlass zur Freude hat Niedersachsens CDU derzeit allerdings auch
       nicht: Erst das Wahldebakel in Nordrhein-Westfalen. Dann säuft am Dienstag
       Ministerpräsident David McAllister samt seiner Regierungsmannschaft beim
       Drachenbootrennen im Zwischenahner Meer ab – und liefert den Kamera-Teams
       vor Ort symbolträchtige Bilder. Tags darauf platzt der NDR mit seiner
       Umfrage heraus.
       
       Von 36 auf 32 Prozent fällt Niedersachsens CDU darin im Vergleich zur
       letzten Umfrage vom Januar – und lässt die Christdemokraten um jene
       Gelassenheit ringen, die ihre Parteioberen bei Fragen zur Wahl in acht
       Monaten ansonsten stets betonen. Spitzenkandidat McAllister sackt bei der
       Frage nach dem Wunschkandidaten gar von 54 auf 45 Prozent ab, Kontrahent
       Weil liegt konstant bei 30 Prozent. Das dürfte besonders sitzen: Vor allem
       auf die Beliebtheit McAllisters setzen die Wahlkampfstrategen der CDU, die
       ihr Team gerade erst mit dem Journalisten Dirk Herrmann, bis zuletzt
       Politik-Ressortleiter bei Bild Hannover, aufgerüstet haben.
       
       Und so erklärte Landtagsfraktionschef Björn Thümler die NDR-Umfrage
       umgehend für „methodisch höchst fragwürdig“. CDU-Generalsekretär Ulf Thiele
       nennt sie „kurzfristig beeinflusst“ durch die NRW-Wahl. Selbst der Chef des
       vom NDR beauftragten Instituts Infratest dimap, Richard Hilmer, habe das in
       Interviews eingeräumt. Unmittelbar nach der Wahl waren für die Umfrage am
       Montag und Dienstag 1.000 zufällig ausgewählte Niedersachsen interviewt
       worden.
       
       Thiele führt stattdessen eine bislang unveröffentlichte Umfrage an, die die
       CDU Ende April vom Institut GMS erstellen ließ: Die prognostiziert der CDU
       noch 37 Prozent, der SPD 33, den Grünen 13. Eine Version, die auch
       McAllister selbst bevorzugt, wie er am Freitag über einen Sprecher
       mitteilen lässt: Die eigene Umfrage spreche „eine deutlich andere Sprache“.
       
       Der Koalitionspartner schneidet darin derweil noch schlechter ab als beim
       NDR: Dort kommt die FDP auf vier, bei der CDU nur auf drei Prozent.
       
       18 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Teresa Havlicek
       
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   DIR Weil verärgert Koalo-Partner in spe: Koalitionsstreit Nummer 1
       
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