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       # taz.de -- Profiloberstufe in Gefahr: Schulprofile gehen kaputt
       
       > Mit seinem Plan für ein striktes Zentralabitur in allen Fächern hat
       > Schulsenator Rabe Verbände und Kammern gegen sich aufgebracht. Schüler
       > protestieren.
       
   IMG Bild: Fürchten das Zentralabitur: Schüler.
       
       SPD-Schulsenator Ties Rabe gerät unter Beschuss. Grund ist sein starres
       Festhalten am Zentralabitur, obwohl dies die 2009 eingeführte
       Profiloberstufe gefährdet. So sehen es die Vereinigung der
       Gymnasialschulleiter, Eltern-, Schüler-, Lehrerkammer, die
       Nachwuchsförderinitiative Naturwissenschaft & Technik (NAT) und Schüler aus
       Lurup, die Rabe am heutigen Freitag Unterschriften überreichen wollen.
       
       Überraschend hatte Rabe im Frühjahr angekündigt, dass es für den nächsten
       Jahrgang der Oberstufe zentrale Abschlussarbeiten in allen Einzelfächern
       geben soll. „Ich erfuhr das, nachdem ich gerade mein Profil gewählt hatte“,
       sagt Lidia Everding vom Goethe Gymnasium in Lurup. Lehrer hätten ihr nun
       gesagt, dass es das von ihr gewählte Medien-Profil, das sich mit der Rolle
       großer Konzerne im Internet beschäftigt, nicht mehr geben kann. „Das hat
       uns sehr aufgewühlt“, sagt die 16-Jährige. „Da wurden tolle Themen
       entwickelt, die Schüler interessieren, und nun wird das alles zerstört.“
       
       Im Medien-Profil waren die Fächer Informatik, Theater und Politik,
       Gesellschaft, Wirtschaft (PGW) zusammengefasst. Für zwei dieser Fächer gibt
       die Behörde nun Schwerpunkte vor, für PGW zum Beispiel Energiepolitik. „Das
       lässt sich nicht ins Profil-Curriculum einbinden“, bestätigt Lehrerin Tanja
       Senftleben.
       
       Davor warnt auch die Vereinigung der Gymnasialschulleiter. „Die Profile
       gehen kaputt, wenn zentrale Prüfungen vorgegeben sind“, sagt Vorstandsfrau
       Margarete Eisele-Becker. Profiloberstufen gebe es in verschiedenen Formen.
       Manche Bundesländer fassten nur mehrere Fächer zu Zügen zusammen, dort sei
       Zentral-Abitur möglich.
       
       In Hamburg hätten aber viele Schulen anspruchsvollere Konzepte entwickelt
       und sich auf Basis der Bildungspläne auf fachübergreifende Themen
       verständigt. An ihrem Gymnasium gebe es in Kooperation mit der Lufthansa
       Technik ein Profil aus Physik, Biologie und Philosophie, in dem es aus
       Sicht von Mensch, Tier und Technik ums Fliegen geht. Eisele-Becker sagt:
       „Das klappt nicht mehr, wenn es für alle drei Fächer zentrale Aufgaben
       gibt.“
       
       Gerade bei den Naturwissenschaften scheint der Profil-Ansatz erfolgreich.
       „Wir können mehr Schüler für diese Fächer auf erhöhtem Niveau gewinnen. Und
       es nehmen mehr ein solches Studium auf“, sagt Sabine Fernau von der
       Nachwuchsförderungsinitiative NAT. Rabes Pläne seien da „ein Schlag ins
       Kontor“, so Fernau: „Die Schüler lernen nur noch für die Prüfungen und
       erzählen das auch den jüngeren Jahrgängen.“
       
       Auch Lehrer-, Eltern- und Schülerkammer warnen vor dieser ad hoc-Reform,
       sie sehen sich zudem übergangen. „Laut Gesetz müssen wir beteiligt werden,
       bevor der Senator etwas entscheidet“, sagt Elternkammer-Chef Michael
       Hartwig. Nun werden schon Ende Mai die veränderten Abitur-Unterlagen an die
       Schulen versandt, obwohl die Schuldeputation, die die Kritik der Kammern
       noch anhören muss, erst am 18. Juni entscheidet.
       
       Der Versand schaffe „keine unumkehrbaren Fakten“, sagt dazu Rabes Sprecher
       Peter Albrecht. Die Hefte müssten jetzt raus, da sonst den Lehrern
       Vorbereitungszeit fehle. Von Schulleitern ist zu hören, dass Rabe zu einem
       kleinen Kompromiss bereit sei. Rund 30 Profile, für die es Kooperation mit
       Betrieben gibt, bekämen demnach eine Gnadenfrist von zwei Jahren. Dazu sagt
       Albrecht: „Wir prüfen, ob für eine Übergangzeit eine Ausnahmeregelung
       möglich ist.“
       
       Keine Lösung wäre das für die übrigen Profile, wie dem von Lidia Everding.
       „Wir Schüler wollen das wirklich nicht“, sagt sie. Vielleicht gebe es noch
       eine größere Demonstration. „Am besten beim Bürgermeister.“
       
       17 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
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