URI: 
       # taz.de -- Die Frankfurter Verbots-Choreographie: Blockupy lässt sich nicht isolieren
       
       > Die Stadt Frankfurt und die Polizei versuchen mit allen Mitteln Blockupy
       > zu verhindern. Sogar die Universität schließt ihre Gebäude. Aktivisten
       > wollen dennoch demonstrieren.
       
   IMG Bild: Frankfurt zäunt sich ein. Aus Angst vor dem Schreckgespenst Blockupy.
       
       FRANKFURT taz | Die Stadt Frankfurt und die Polizei lassen nichts
       unversucht, die Blockupy-Proteste zu unterbinden. Das wurde bereits im
       Vorfeld deutlich, als die Ordnungsbehörden sämtliche angemeldeten
       Veranstaltungen verboten hatten. Und zwar nicht nur die von Blockupy,
       sondern auch eine Mahnwache der Ordensleute für den Frieden am Freitag.
       
       Seit über 20 Jahren halten diese wöchentlich eine Kundgebung vor der
       Zentrale der Deutschen Bank ab, um gegen weltweite Armut zu protestieren.
       Pauschal verboten wurden auch die traditionelle Kranzniederlegung der Jusos
       zum internationalen Tag gegen Homophobie sowie eine Demonstration des
       Komitees für Grundrechte eben gegen jene Verbote von Blockupy.
       
       Dafür malen die Frankfurter Ordnungsbehörden und die Polizei ein
       Schreckensszenario an die Wand, in dem angeblich tausende Gewalttäter die
       Innenstadt verwüsten wollten. „Das ist ein Zerrbild, dessen Ziel eine
       komplette Verhinderung der Proteste ist“, sagt Christoph Kleine von
       Blockupy. Die Vertreter des Bündnisses betonen gebetsmühlenartig ihren
       Konsens, der besagt, dass von den Aktionen des Bündnisses keine Eskalation
       ausgehen solle. Dies wurde am Mittwochmorgen bei der Räumung des
       Occupy-Camps deutlich: Außer ein paar Spritzer mit wasserlöslicher Farbe
       war von aktivem Widerstand nichts zu sehen. Die AktivistInnen ließen sich
       meist gut gelaunt wegtragen.
       
       ## Große Teile der Innenstadt abgesperrt
       
       Stadt und Polizei hingegen beharren auf ihrer Sicht der Dinge und haben am
       Mittwoch große Teile des Innenstadtbereichs abgesperrt und einen
       sogenannten Sicherheitszone um die Europäische Zentralbank (EZB)
       eingerichtet. Es wurden bereits Platzverweise erteilt. Ein Sprecher sagte,
       die Polizei werde bis Sonntag keine Spontandemonstrationen in der
       Frankfurter Innenstadt zulassen und wolle die Menschen aktiv auf die
       Verbote hinweisen. Kontrollen gibt es vermehrt auch in Zügen und rund um
       den Bahnhof.
       
       Etliche Aktivisten berichteten, dass sie an der Weiterfahrt nach Frankfurt
       behindert worden seien oder die Polizei sie stundenlang festgehalten habe.
       Teil dieser Protestchoreographie ist auch die Goethe-Universtität
       Frankfurt. Sie schließt ihre Gebäude bereits am Mittwoch abend und zwingt
       die Studenten damit zu einem freien Tag. Diese Maßnahme stößt bei
       Studenvertretern und etliche Lehrenden auf Kritik.
       
       Die Aktivisten von Blockupy wollen trotzdem nicht aufgeben, auch wenn diese
       Verbotspolitik zu einer Abschreckung bei protestunerfahrenen Demonstranten
       führe. „Das Kalkül der Stadt, die Proteste in der Breite zu schmälern, geht
       auf“, kritisiert Roman Denter von Attac. Allerdings, so betont er, hätten
       die meisten Menschen keine Angst vor potentiellen Gewalttätern, sondern vor
       Repressionen der Polizei aufgrund des Verbots. Trotzdem sind die Aktivisten
       weiter optimistisch: „Die Verbote werden durch den realen Verlauf der
       Proteste konterkariert.“
       
       Sie rechnen damit, dass die bisher verbotene Donnerstagsdemo des Komitees
       für Grundrechte doch noch erlaubt wird. Außerdem planen sie für
       Freitagmorgen eine Blockade der EZB. Die einzige Veranstaltung, die vom
       Kasseler Verwaltungsgericht erlaubt wurde, ist die Großdemonstration am
       Samstag. Dafür will Blockupy nun nochmal kräftig mobilisieren. Die anderen
       angemeldeten Aktionen wurden hingegen von den Richtern untersagt. „Wir sind
       mit dem Verbot nicht einverstanden“, sagt Kleine. Die Linkspartei in Hessen
       hat bereits das Bundesverfassungsgericht angerufen, das nun über einen
       möglichen Verstoß gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit entscheiden
       wird.
       
       Eine weitere Niederlage hat die Polizei bei den von ihr ausgesprochenen
       Aufenthaltsverboten erlitten. Das Frankfurter Verwaltungsgericht hatte am
       Dienstagabend entschieden, dass diese Verfügungen rechtlich nicht haltbar
       seien. Am Wochenende hatte die Polizei an über 400 Teilnehmern der M31-Demo
       von vor sechs Wochen ein schriftliches Aufenthaltsverbot für die
       Frankfurter Innenstadt verschickt. Demnach hätten diese am 31. März
       Festgenommen in der Zeit von Blockupy ein weiträumiges Gelände in Frankfurt
       nicht betreten dürfen. Diese Verfügungen wurden nun zurückgezogen.
       
       ## Große Solidarität
       
       Indessen gibt eine immer breitere Welle der Solidarität für Blockupy.
       Zuspruch gab es etwa von der Hilfsorganisation Medico international und aus
       der Friedensbewegung. Der Bundesausschuss des Friedensratschlags zeigte
       sich solidarisch mit der Kritik der Blockupy-Bewegung an der europäischen
       Krisenpolitik und ruft zur Demo am Samstag auf.
       
       Ebenso bekundeten etliche Spitzenpolitiker wie Andrea Nahles und Volker
       Beck ihr Unverständnis über das Demonstrationsverbot. „Entgegen einer
       Deeskalationsstrategie beförderte diese massive Einschränkung von
       Grundrechten im schlimmsten Fall Wut und Aggressionen“, sagte der grüne
       Bundestagsabgeordnete Beck. Kleine rechnet zwar weiter mit einem
       friedlichen Verlauf der Aktionen, betonte am Mittwoch in Frankfurt aber
       auch, „dass durch das Verbot unser Einfluss auf die Teilnehmer beschnitten
       wird.“
       
       Die Stadt Frankfurt hat es also bisher weder geschafft, die Bewegung an
       einer möglichen Gewaltfrage zu spalten, noch sie zu isolieren. Wie viele
       Leute zu den Blockaden am Freitag und besonders zu der nun erlaubten Demo
       am Samstag kommen, bleibt dennoch abzuwarten. Kleine rechnet zwar immer
       noch mit einer fünfstelligen Zahl an Protestierenden, von denen die meisten
       noch anreisen würden, gibt aber auch zu, dass dies schwer einzuschätzen
       sei. Am Mittwoch jedenfalls waren erst wenige hundert von ihnen sichtbar.
       
       Über eines freuen sich die Aktivisten aber schon jetzt. „Unser Ziel der
       Blockade ist schon fast erreicht“, sagt Christoph Kleine. Und zwar durch
       die Sperrung zweier Bahnstationen sowie die massiven Polizeiblockaden.
       
       16 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Timo Reuter
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Occupy-Bewegung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Blockupy in Frankfurt: Bis zur letzten Instanz
       
       Die Occupy-Aktionen bis Freitag wurden verboten. Undifferenzierte
       Aufenthaltsverbote wurden allerdings wieder zurückgenommen. Die Groß-Demo
       am Samstag findet statt.
       
   DIR Blockupy und Finanzpolitik: Dabei verbockt es Merkel
       
       Warum protestieren die Aktivisten von Occupy vor der Europäischen
       Zentralbank? Dort sind sie gänzlich falsch. Raus aus Frankfurt, ab nach
       Berlin!
       
   DIR Blockupy-Proteste: Frankfurt blockiert und räumt
       
       Frankfurt bleibt dicht: Nach friedlichen Protesten trägt die Polizei am
       Abend hunderte Demonstranten vom Römerberg. Es kommt zu Szenen wie am
       Stuttgarter Bahnhof.
       
   DIR Polizeieinatz Blockupy: Weder Drohnen noch Zellenauswertung
       
       Der riesige Polizeieinsatz in Frankfurt ist vergleichbar mit Einsätzen wie
       am 1. Mai in Berlin oder am 13. Februar in Dresden. Doch nicht alles läuft
       gleich.
       
   DIR Globalisierungskritik in Frankfurt: Occupy-Camp ist Geschichte
       
       Die Aktivisten haben den Kampf gegen die Frankfurter Behörden vorerst
       verloren. Doch die Stimmung bleibt vor den anstehenden Blockupy-Aktionen
       optimistisch.
       
   DIR Kommentar Blockupy: Die Gefahr kommt nicht von links
       
       Die Banker trauen sich nicht mehr in ihre Türme, die Stadt Frankfurt sieht
       gefährliche Linke am Werk. Doch die Protestler liegen richtig mit ihrer
       gewagten Taktik
       
   DIR Polizei räumt Camp in Frankfurt: Occupy muss Blockupy weichen
       
       In Frankfurt räumt die Polizei vorübergehend das Zeltlager des
       Occupy-Protests. Ein Gericht hatte zuvor geurteilt, dass eine
       vorübergehende Räumung bis Sonntag rechtmäßig sei.
       
   DIR Breites Protestbündnis in Frankfurt: Blockupy will das Herz der Stadt
       
       Von Heiligendamm in die Metropole: Die „Blockupy“-Inszenierung ist mehr als
       ein Protestmoment. Die Stadt Frankfurt übersieht das und sorgt so für
       Konfliktpotential.
       
   DIR Machtkampf zwischen Stadt und Aktivisten: Blockierer geben noch nicht auf
       
       Occupy will bleiben: Die Aktivisten kündigten passiven Widerstand gegen die
       Räumung ihres Camps an. Die Stadt Frankfurt versucht, die Proteste zu
       verhindern.