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       # taz.de -- Kommentar NRW: Wahlverlierer Umwelt
       
       > Nach seiner dramatischen Niederlage in NRW wird Norbert Röttgen der
       > durchsetzungsschwächste Minister in Merkels Kabinett sein. Schlechte
       > Aussichten für die Umweltpolitik.
       
   IMG Bild: Abtransport von Altlasten.
       
       Umweltminister waren in der Geschichte des Landes oft starke
       Persönlichkeiten, die das Amt als Sprungbrett für ihre weitere Karriere
       nutzten: Klaus Töpfer wurde anschließend Umweltchef der UNO, Angela Merkel
       Bundeskanzlerin, Jürgen Trittin gefühlter Grünen-Chef und Sigmar Gabriel
       echter SPD-Chef.
       
       Ähnliche Pläne hatte bisher auch der momentane Amtsinhaber Norbert Röttgen.
       Mit seiner dramatischen, weitgehend selbst verschuldeten Niederlage im
       Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen haben sich diese Aussichten erledigt. Doch
       nicht nur Röttgen selbst hat massiven Schaden genommen. Auch das von ihm
       wahrgenommene Amt wird unter der Niederlage leiden – mit möglicherweise
       weitreichenden Folgen.
       
       Schon bisher galt Röttgen nicht als Minister, der die Möglichkeiten seines
       Ressorts voll genutzt hat. Viele Umweltthemen sind ihm bis heute fremd
       geblieben. Doch mit der Energiewende gab es zumindest ein Mega-Projekt, das
       er sich auf die Fahnen geschrieben hat und mit dem er sich profilieren
       wollte. Und unter dem Eindruck von Fukushima hat er sich damit in der
       Koalition durchgesetzt und punkten können.
       
       In jüngster Zeit hatte seine Durchsetzungskraft aber bereits nachgelassen.
       Unter dem Druck des Wirtschaftsflügels seiner eigenen Partei bremste er den
       Solarausbau so stark ab, dass er neben der Erneuerbaren-Energien-Branche
       und den Umweltverbänden auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bundesländer
       gegen sich aufbrachte. Und FDP-Chef Philipp Rösler schaffte es, den Plänen
       für mehr Energieeffzienz jegliche Zähne zu ziehen. Als Vorreiter für mehr
       Klimaschutz in Europa ist Deutschland damit endgültig ausgefallen. Es ist
       zu befürchten, dass diese Schwäche nun dramatisch zunehmen wird.
       
       In der eigenen Partei wie gegenüber dem Koalitionspartner gilt Röttgen nun
       als „lame duck“, als Wahlverlierer ohne Machtbasis, dessen Forderungen man
       nicht sonderlich ernst nehmen muss. Die Kohle- und Atomlobbyisten werde
       ihre Chance wittern, die Energiewende zurückzudrehen, die Wirtschaft wird
       sich noch dreister als bisher gegen Umweltauflagen zur Wehr setzen.
       
       Noch besteht die Möglichkeit, dass Norbert Röttgen auf diese neue
       Herausforderung mit verstärktem Engagement für sein Ressort reagiert.
       Schließlich ist es nun die einzige Plattform, die ihm zur Profilierung
       geblieben ist. Doch wenn sich bewahrheiten sollte, dass er nach seiner
       Niederlage auch im Kabinett so geschwächt ist, dass sein Posten als
       Umweltminister weder ihm selbst noch der Umwelt etwas nützt, dann sollte er
       damit ebenso konsequent umgehen wie mit dem CDU-Vorsitz in
       Nordrhein-Westfalen – und auch von diesem Amt zurücktreten.
       
       14 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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