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       # taz.de -- NSU-Ausschuss des Bundestages: Ermittlungen im „Staatsdöner“
       
       > Ein halbes Jahr lang verkaufte ein V-Mann Döner. So hofften die Ermittler
       > die Mordserie an Migranten aufzuklären. Im Fokus hatten sie keine Nazis,
       > sondern die "Dönermafia".
       
   IMG Bild: So sieht eine Einladung an die „Dönermafia“aus.
       
       BERLIN taz | Es klingt nach einer abenteuerlichen „Tatort“-Folge, doch es
       ist wahr. Die Ermittler in der bundesweiten Mordserie an Migranten ließen
       in Nürnberg von einem V-Mann der Polizei zum Schein ein halbes Jahr lang
       einen Dönerimbiss betreiben und hofften so, den Tätern auf die Spur zu
       kommen.
       
       Rechnungen von Lieferanten wurden absichtlich nicht bezahlt. Dadurch sollte
       eine offenbar für möglich erachtete Dönermafia hinter den Taten provoziert
       werden. Unklar blieb, wie der Vertrauensmann der Polizei hätte geschützt
       werden können, wenn das Killerkommando tatsächlich an der Imbissbude
       aufgetaucht wäre.
       
       Der Untersuchungsausschuss des Bundestags zu den Morden des
       Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) wurde über den Fake-Dönerimbiss
       von ihrem Sonderermittlungsbeauftragten Bernd von Heintschel-Heinegg
       informiert, in den Ausschussakten fand sich der Vorgang nicht. Entsprechend
       überrascht waren die Abgeordneten am Donnerstag. Bestätigt wurde die Aktion
       auch vom damals für die Ermittlungen zuständigen Vertreter der
       Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth.
       
       Die Undercoveraktion ist für die SPD-Obfrau Eva Högl ein weiterer Beleg,
       dass die Ermittler in der Mordserie an neun Migranten „große Fantasie“ an
       den Tag legten – aber nur bei den Ermittlungen in Richtung organisierte
       Kriminalität.
       
       ## „Ein starkes Stück“
       
       Dabei scheint der Fake-Imbiss nicht die einzige zweifelhafte verdeckte
       Operation gewesen zu sein. Sowohl Högl als auch der Ausschussvorsitzende
       Sebastian Edathy (SPD) berichteten, ihnen sei zu Ohren gekommen, dass ein
       Polizist oder eine Polizistin sich zur Tarnung als Journalist ausgegeben
       habe und so in der türkischen Community versuchte an Infos zu kommen. In
       den Akten ist dies bisher nicht zu finden, auch der Vertreter der
       Staatsanwaltschaft Nürnberg will das erstmals gehört haben.
       
       „Es wäre ein starkes Stück, wenn versucht wurde, unter dem Deckmantel des
       Journalismus an Informationen zu kommen“, sagte Michael Konken,
       Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands, der taz. „Das wäre so,
       als gäbe sich ein Polizist als Pfarrer aus und würde dann die Beichte
       abnehmen.“
       
       Am Nachmittag sollte der Polizeiprofiler Alexander Horn gehört werden. Er
       hatte 2006 die These entwickelt, dass Serientäter mit einer möglichen
       Vergangenheit in der rechtsextremen Szene hinter den Morden stecken
       könnten.
       
       10 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolf Schmidt
       
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