URI: 
       # taz.de -- Rüstungsforschung im grünen Ländle: Fehlende Zivilcourage
       
       > Grün-Rot in Baden-Württemberg will kein Gesetz für eine Zivilklausel an
       > der Karlsruher Uni. Der Landtag erlaubt auch künftig die militärische
       > Forschung.
       
   IMG Bild: Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer liegt die Forschung am Herzen – offenbar auch die militärische.
       
       STUTTGART taz | Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) darf auch
       künftig militärisch geforscht werden. Am Mittwoch verabschiedete der
       baden-württembergische Landtag ein an sich unumstrittenes Gesetz, in dem es
       im Wesentlichen um mehr Autonomie für das KIT geht.
       
       Für Verärgerung sorgt hingegen, was nicht in dem Gesetz steht: eine
       sogenannte Zivilklausel. Mit der hätte Grün-Rot die Forschung auf
       friedliche Zwecke beschränken können. Doch entgegen entsprechenden
       Forderungen aus Oppositionszeiten verzichtet die grün-rote Regierung heute
       auf die Klausel.
       
       2009 kam es zum Zusammenschluss der Universität Karlsruhe mit dem
       Forschungszentrum Karlsruhe zum KIT. Das Forschungszentrum hatte damals
       bereits eine Zivilklausel. Seitdem wird gestritten, ob die Klausel auch für
       das neu entstandene KIT übernommen werden sollte. Fast zwei Drittel der
       Studierenden hatten sich damals dafür ausgesprochen.
       
       ## Kein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit
       
       Ebenso die heutige Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Damals noch
       grüne Oppositionspolitikerin, wollte sie das KIT-Gesetz um einen Satz
       erweitern: „Das KIT verfolgt ausschließlich friedliche Zwecke.“ Doch ihr
       damaliger, gemeinsam mit der SPD gestellter Änderungsantrag scheiterte an
       den Gegenstimmen der schwarz-gelben Koalition. Heute will Bauer den Passus
       selbst nicht mehr.
       
       Die Ministerin wolle nicht in die Wissenschaftsfreiheit eingreifen,
       erklärte ein Sprecher am Mittwoch. Bauer sei es stets um eine freiwillige
       Selbstverpflichtung der Hochschulen gegangen. Sie wolle einen
       entsprechenden Diskussionsprozess in Gang setzen. So hat sie eine
       Diskussion über die Glaubwürdigkeit der Grünen und Sozialdemokraten
       ausgelöst.
       
       „Damit wird ein Wahlversprechen gebrochen“, sagt Dietrich Schulze von der
       Initiative gegen Militärforschung an Universitäten. Auch die Grüne Jugend
       hätte von ihrer Ministerin etwas anderes erwartet. „Zu einer nachhaltigen
       Wissenschaft passt keine Forschung, die militärische Konfliktlösungen zum
       Ziel hat“, kritisierte die Landesvorsitzende, Jessica Messinger.
       
       9 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Michel
       
       ## TAGS
       
   DIR Militär
   DIR Militär
   DIR Zivilklausel
   DIR USA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Niedersächsische Hochschulen: 100 militärische Forschungsprojekte
       
       Rüstungskonzerne, Bundeswehr und Ministerien: Sie alle haben zehn
       niedersächsische Hochschulen mit Forschung in Sachen Krieg beauftragt.
       Transparenz? Mangelhaft.
       
   DIR Forschen im Auftrag des Militärs: Eine Blackbox
       
       An deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen gibt es doch mehr
       Militärprojekte als bisher bekannt war. Friedensaktivisten fordern
       Transparenz.
       
   DIR Hochschulen in Hamburg: Unis forschen fürs Militär
       
       Hamburgs Hochschulen entwickeln militärische U-Boote und Korvetten. Die
       Linke fordert eine Zivilklausel, die Grünen verlangen Selbstreflexion.
       
   DIR US-Militär lässt in Deuschland forschen: Sprengstoff, Panzerglas und Munition
       
       Über 10 Millionen Euro steckten die USA in den letzten Jahren in
       Grundlagenforschung an deutschen Unis. Auch Hochschulen mit Zivilklausel
       sind unter den Empfängern.
       
   DIR Konflikt um Militärforschung in Karlsruhe: Keine Schwerter zu Pflugscharen
       
       Am Karlsruher Institut für Technologie protestieren Studierende gegen
       Militärforschung an ihrer Hochschule. Die Uni-Leitung hält daran fest.
       
   DIR Zivilklausel: Bremer Grüne doch friedlich
       
       Bürgerschaft beschließt, dass ein Verbot militärischer Forschung an Bremens
       Hochschulen geprüft werden soll.
       
   DIR Rheinmetall konzentriert sich auf die Rüstung: Knarren überholen schnelle Karren
       
       Rheinmetall legt sich auf das Waffengeschäft fest, die Autosparte will die
       Firma abstoßen. Die Kritische Aktionärin Kerschgens kritisiert den Bau
       einer Panzerfabrik in Algerien.
       
   DIR Rüstungsforschung in Baden-Württemberg: Vielfältig nutzbare Ergebnisse
       
       Die grüne Politikerin Bauer forderte als Oppositionelle, die
       Rüstungsforschung abzuschaffen. Als Wissenschaftsministerin in
       Baden-Württemberg sieht sie das anders.
       
   DIR Uni Bremen gegen Rüstungsforschung: Zivilklausel bleibt - OHB kommt
       
       Der Akademische Senat der Uni Bremen bestätigte am Mittwoch seine
       Friedensliebe. Der Bundeswehr-Zulieferer OHB kann und will dennoch stiften.
       
   DIR Rüstungsindustrie in der Forschung: Bremer Uni streitet über Zivilklausel
       
       Ein Konzern stiftet eine Professur. Dann verlangt er, dass die Bremer
       Universität ihre 25 Jahre alte Klausel zum Verzicht auf Rüstungsforschung
       aufgibt.
       
   DIR Kommentar Rüstungsforschung: Moralvolte zur rechten Zeit
       
       Mit Verweisen auf Srebrenica und Terrorismus argumentiert die Uni Bremen
       für die Aufhebung des Banns der Rüstungsforschung. Ihre Motive sind
       zweifelhaft.
       
   DIR Gelder für Hochschulen: Forschen für die Bundeswehr
       
       Fast 5 Millionen Euro hat die Bundeswehr 2010 an Universitäten für
       Auftragsarbeiten vergeben. Geld floss auch, wenn die militärische Forschung
       eigentlich ausgeschlossen war.