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       # taz.de -- Gasvorkommen in Mosambik: Kriegskinder wollen Kohle machen
       
       > Das Land ist das neueste Eldorado der Rohstoffkonzerne: Öl-, Erdgas- und
       > Steinkohlevorkommen sollen Asien powern. Mosambik will daran kräftig
       > mitverdienen.
       
   IMG Bild: Nachbar Südafrika hat Erfahrungen mit Ölkonzernen und Protesten gegen die Ausbeutung der Natur. Mosambik noch kaum.
       
       MAPUTO taz | Immer neue Funde gigantischer Öl- und Gasvorkommen in Mosambik
       sowie unter dem Indischen Ozean vor der mosambikanischen Küste machen das
       südostafrikanische Land zum neuesten Favoriten internationaler
       Förderkonzerne in Afrika. Den größten Gasfund machte vor wenigen Wochen die
       US-Firma Andarko Petroleum im Rovuma-Bassin, das im Meer vor dem Norden
       Mosambiks liegt.
       
       Bis zu 3 Billionen Kubikmeter Erdgas sollen sich in dem Tiefseegebiet
       befinden, das in einem Wettbewerb lokaler Schulkinder auf den Namen
       „Prosperidade“ (Wohlstand) getauft wurde – ein Zeichen dafür, dass sich die
       Bevölkerung dieser bitterarmen Region Mosambiks große Hoffnungen macht.
       Auch Eni aus Italien und Statoil aus Norwegen haben große Erdgasfunde
       gemacht.
       
       Andarko betreibt seinen Förderblock zusammen mit Unternehmen aus Indien und
       Japan sowie der britischen Cove Energy, für die es wegen der
       mosambikanischen Funde jetzt ein Übernahmeangebot des Ölmultis Shell in
       Höhe von 1,8 Milliarden Dollar gibt. Sollte das durchkommen, würde der
       mosambikanische Staat davon eine Kapitalertragssteuer von 12,8 Prozent
       kassieren, also rund 200 Millionen Dollar.
       
       ## Der erste staatliche Versuch, an der Spekulation mitzuverdienen
       
       Die erst im März eingeführte Steuer ist der erste Versuch der einst
       sozialistischen Frelimo-Regierung von Mosambik, an der Spekulation
       mitzuverdienen. Mosambiks Regierung muss aber zugleich die Hoffnungen der
       Menschen auf unmittelbaren Reichtum dämpfen. „Wir bitten die Bevölkerung,
       Ruhe zu bewahren und zu warten, bis das Gas tatsächlich kommerziell
       gefördert wird“, erklärte Bergbauministerin Esperanca Bias. Erst wenn das
       Gas sowohl für die lokale Energieproduktion genutzt als auch exportiert
       werde, könne Mosambik sich „freuen“.
       
       Ähnliches gelte für Erdölfunde von Andarko im Flussbecken von Cabo Delgado,
       warnte die Ministerin. „Solange das Öl noch unter der Erde liegt, bleiben
       wir arm“, erklärte sie. Mosambik importiert heute den Großteil seiner
       Treibstoffe, und um importunabhängiger zu werden, hat es jüngst begonnen,
       Agrosprit in Form von Jatropha anzubauen.
       
       Andarko Petroleum plant Investitionen in Höhe von 3 Milliarden US-Dollar
       bis Ende 2012, um die Gasförderung vorzubereiten. Wenn eine geplante
       Flüssiggasanlage gebaut werde, könnte die Förderung 2018 beginnen; dafür
       seien Investitionen von 18 Milliarden Dollar nötig, sagte
       Andarko-Vizepräsident Bob Daniels.
       
       ## Die US-Unternehmen buhlen um Partnerschaften und um Rohstoffe
       
       Dennoch stehen schon jetzt US-Unternehmer Schlange, um Partnerschaften mit
       Mosambik einzugehen. Eine zweitägige US-mosambikanische
       Unternehmerkonferenz Mitte April lockte Exon Mobil, General Electric und
       Boeing an. Neben Öl und Gas geht es um die Förderung von Kohle, Gold,
       Graphit und eine ganze Reihe seltener Schwermetalle. Mosambik wurde von den
       1970er bis Anfang der 1990er Jahre von einem blutigen Bürgerkrieg verwüstet
       und gehört noch heute zu den ärmsten Ländern der Region.
       
       Am schnellsten entwickelt sich die Steinkohleförderung. Mosambik gilt als
       das letzte große, komplett unerschlossene Kohlerevier der Welt. Dafür
       interessieren sich vor allem asiatische Abnehmer. Der brasilianische
       Konzern Vale nahm 2011 Exporte auf; am 26. April brachte die
       südafrikanische Coal of Africa ihre erste Kohlelieferung per Eisenbahn aus
       seiner Mine Vele nahe der Grenze zu Simbabwe, die 370 Millionen Tonnen
       Kohlevorkommen hält und jedes Jahr eine Million Tonnen produzieren soll, in
       die Hauptstadt Maputo auf den Weg. 1.500 Tonnen Kohle werden nach Indien
       geliefert, als Testlauf.
       
       ## Mosambik macht Südafrika mit dem Exportterminal Konkurrenz
       
       Coal of Africa hat den Bau eines Kohleexportterminals im Hafen von Maputo
       per Kredit finanziert. Mit diesem Ausbau macht Mosambik dem großen Nachbarn
       Südafrika Konkurrenz: Bisher laufen die Rohstoffexporte der Region meist
       über das südafrikanische Durban.
       
       Als nächstes will die australische Rio Tinto Kohle über den
       zentralmosambikanischen Hafen Beira nach Indien liefern. Und die britische
       Ncondezi Coal erwägt, weiter nördlich einen komplett neuen Exporthafen aus
       dem Boden zu stampfen.
       
       6 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Emmanuel Camillo
       
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