URI: 
       # taz.de -- Reform der Finanzaufsicht: Placebos für Verbraucher
       
       > Die Bundesregierung will die Finanzaufsicht umbauen. Verbraucherschützer
       > halten die vom Kabinett beschlossene Reform jedoch für wenig effektiv.
       
   IMG Bild: Umstrittene Reform: Die Bundesregierung will die Banken, wie hier in Frankfurt am Main, künftig etwas strenger beobachten.
       
       BERLIN taz | Es soll eine der wichtigsten Konsequenzen aus der Finanzkrise
       sein und die Umsetzung einer zentralen Forderung des Koalitionsvertrags:
       Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Reform der deutschen Finanzaufsicht
       beschlossen. Dadurch solle sie effektiver werden und einen „vorsorgenden
       Brandschutz“ ermöglichen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
       
       Der ursprüngliche Plan, die derzeit zwischen der Bundesbank und der
       Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) aufgeteilte
       Aufsicht in einer Behörde zu bündeln, wurde allerdings fallen gelassen.
       Stattdessen soll nun ein neuer Ausschuss für Finanzstabilität mit
       Vertretern von Bafin, Bundesbank und Bundesfinanzministerium eingerichtet
       werden, der Warnungen und Empfehlungen aussprechen kann.
       
       Die Bundesbank erhält darin ein Vetorecht. Um die Abwerbung von
       Bafin-Mitarbeitern durch Banken zu erschweren, soll zudem die Bezahlung der
       Aufseher erhöht werden.
       
       Erklärtes Ziel ist außerdem eine Stärkung des Verbraucherschutzes im
       Finanzwesen. Dafür sollen eine gesetzliche Grundlage für Beschwerden
       geschaffen und ein Verbraucherbeirat bei der Bafin eingerichtet werden.
       Während Verbrauchschutzministerin Ilse Aigner in einer Mitteilung begrüßte,
       dass Verbraucher damit künftig „eine eigene Stimme“ hätten, um „ihre
       kollektiven Interessen bei der Finanzaufsicht einzubringen, übte der
       Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) scharfe Kritik.
       
       ## „Praktisch wirkungslose Instrumente“
       
       Es sei völlig unklar, welchen praktischen Einfluss der Beirat haben werde,
       sagte der Vorsitzende Gerd Billen. „In dieser Form werden die Instrumente
       wirkungslos bleiben.“ Schon im Vorfeld hatten Verbraucherschützer
       kritisiert, dass der Beirat auch Unternehmensvertretern offenstehen und
       über kein eigenes Budget verfügen soll.
       
       Auch die Opposition übte Kritik. Carmen Lay, verbraucherpolitische
       Sprecherin der Linkspartei, nannte das Gesetz eine „Mogelpackung“. Gerhard
       Schick, Finanzexperte der Grünen, erklärte, die Regierung drücke sich
       davor, den Verbraucherschutz als Aufsichtsziel gesetzlich festzuschreiben.
       Das Parlament soll im Herbst über die Neuregelung entscheiden, in Kraft
       treten soll sie im kommenden Jahr.
       
       2 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Erfolgsprämie für Verbraucherklagen: Bund kassiert risikofrei
       
       Wenn Verbraucherschützer Unternehmen verklagen, tragen sie das Risiko.
       Bußgelder aber erhält der Staat. Das soll sich ändern – seit zwei Jahren
       schon.
       
   DIR Kabinett stärkt Finanzaufsicht: Verbraucher sollen mitreden
       
       Die 2002 gestartete Finanzaufsicht Bafin soll schlagkräftiger werden. Die
       Rechte von Bankkunden werden gestärkt, so die Bundesregierung.
       Verbraucherschützer sind skeptisch.
       
   DIR Verantwortungslose Politik bleibt ungesühnt: Schuld ist Islands Landesbank
       
       Islands Expremier Haarde wird für seine mangelhafte Informations-politik
       vor dem Finanzcrash 2008 nicht bestraft. Das Verfahren vor einem
       Sondergericht endete glimpflich.
       
   DIR Finanzmarktaufsicht: Zockermärkte ohne Wächter
       
       Eine Anhörung im Bundestag zeigt Kontrollbedarf bei den Finanzmärkten. Die
       Ansichten von Regierung und Opposition liegen weit auseinander.
       
   DIR Lettland ohne Finanzaufsicht: Haushalt saniert, Menschen ruiniert
       
       Lettland gilt als Vorbild für Budgetsanierung. Gespart wurde hauptsächlich
       bei den Armen. Aber dem Ansehen des Staates bei Finanzinvestoren hat das
       wenig genützt.