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       # taz.de -- Kommentar „Lohnuntergrenze“: Nachhilfe für Dr. Rösler
       
       > FDP-Chef Rösler fragt, welche Vorteile ein Mindestlohn überhaupt bringen
       > würde. Der Mann könnte sich sehr einfach mit einem Blick in die
       > Arbeitsmarktstatistik helfen.
       
       Im Koalitionsstreit über den Mindestlohn profitieren beide Seiten: Die CDU
       trägt mit der „Lohnuntergenze“ vor den Landtagswahlen soziale Schminke auf;
       und die FDP kann sich als marktliberales Bollwerk gegen staatlichen
       Dirigismus positionieren.
       
       Nun will die FDP nicht einmal im Koalitionsausschuss über das Thema
       verhandeln. Schließlich habe man, sagt Parteichef Rösler, die höchste
       Beschäftigung und die niedrigste Erwerbslosenquote seit Jahrzehnten.
       „Welchen Vorteil“ da ein Mindestlohn, und sei es die Als-ob-Variante der
       Union, überhaupt haben soll, müsse man „erst mal zeigen und belegen“.
       
       Dem Mann könnte geholfen werden, würde er es denn wirklich auf Nachhilfe
       anlegen. Belege? Auch wenn die neuesten Zahlen vom Arbeitsmarkt auf den
       ersten Blick Stabilität auf hohem Niveau verheißen, kann die Lage von
       Millionen Niedriglöhnern nur übersehen, wer nicht genauer hinschauen will.
       Zwar haben die sozialversicherungspflichtigen Jobs in den vergangenen
       Jahren deutlich zugenommen – schneller noch aber wuchs die Zahl derer,
       denen ihr Einkommen kein Auskommen bietet.
       
       Über vier Millionen Menschen verdienen weniger als sieben Euro in der
       Stunde, fast anderthalb Millionen sogar weniger als fünf Euro, hat gerade
       das Institut Arbeit und Qualifikation vorgerechnet. Und am Mittwoch machten
       neue Zahlen die Runde, wie viele Beschäftigte im Dienstleistungssektor mit
       Sozialleistungen aufstocken müssen: allein im Reinigungsgewerbe ist das
       jeder Zehnte.
       
       Wer da die Frage aufwirft, „welchen Vorteil“ eine Lohnuntergrenze haben
       soll, denkt nur an den eigenen: dass sich mit dem demonstrativen Nein zu
       jeder Lohnuntergrenze ein paar rettende Stimmen holen lassen. Wirksame
       Nachhilfe lässt sich diesem Liberalismus mit keiner Statistik erteilen –
       sondern nur an der Wahlurne.
       
       2 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tom Strohschneider
       
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