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       # taz.de -- Debatte um Fußball-EM in der Ukraine: Hitler, der „politische Vorläufer“ Merkels
       
       > Die deutsch-ukrainischen Beziehungen sind zerrüttet. Die Regierung
       > spricht von „Methoden des kalten Krieges“, ein regierungsnaher
       > Kommentator führt einen Hitler-Vergleich an.
       
   IMG Bild: Jesse Owens (M.) salutiert während der Siegerehrung der Olympischen Spiele in Berlin 1936, während Lutz Long (r.) aus Deutschland den Hitlergruß macht.
       
       LWIW taz | Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Deutschland sind auf
       einen Tiefpunkt gesunken. Nach Meldungen über einen möglichen Boykott der
       Fußball-EM in der Ukraine durch hochrangige deutsche Politiker fährt das
       Kiewer Außenministerium schweres Geschütz auf: Von „Methoden des Kalten
       Krieges“ ist die Rede und vom Versuch, den „Sport zur Geisel der Politik zu
       machen“.
       
       Ähnlich hatte man bereits die Absage von Bundespräsident Joachim Gauck auf
       die Einladung zum Treffen der osteuropäischen Präsidenten in Jalta
       kommentiert. Der Sprecher des Außenministeriums meinte, sie stehe nicht im
       Zusammenhang mit der politischen Situation in der Ukraine und dem Umgang
       mit Julia Timoschenko. Deutsche Medien hatten dagegen berichtet, die
       Entscheidung Gaucks sei in Absprache mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel
       erfolgt.
       
       Ein der regierenden „Partei der Regionen“ nahe stehender politischer
       Kommentator legt in seinem Blog auf der Webseite der Internetzeitung
       Ukrainska Prawda noch eins drauf: Als Beispiel für politische Intoleranz
       und fehlende Weitsichtigkeit führt er die rassistisch begründete Weigerung
       von Adolf Hitler an, bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin dem
       schwarzen Leichtathleten Jesse Owens zu seinen vier Goldmedaillen zu
       gratulieren. Er nennt Hitler ganz beiläufig „den politischen Vorgänger“ von
       Angela Merkel auf dem Kanzlerposten.
       
       Der Tenor des offiziellen Kiew und seiner Anhänger lautet: Der Westen soll
       sich nicht in die innenpolitischen Angelegenheiten einmischen, der Sport
       darf nicht politisch instrumentalisiert werden, und Boykott ist kein
       geeignetes Mittel in der internationalen Politik.
       
       ## Den harten Kurs eingeschlagen
       
       Ganz nach dem Motto von vielen Diktatoren: Wir machen in unserem eigenen
       Land, was wir wollen, und dürfen nicht gestört werden. Während die
       Bundesregierung und die Europäische Kommission eher den harten Kurs
       einschlagen und das Europäische Parlament sich noch nicht zu einer
       gemeinsamen Linie durchgerungen hat, ist das Thema „EM-Boykott“ in der
       ukrainischen Opposition Anlass zu Diskussionen.
       
       Arsenij Jazenjuk, dessen Partei nun zusammen mit Timoschenkos
       Vaterlandspartei bei den Parlamentswahlen im Herbst antreten wird, rief
       westliche Politiker auf, nicht das Land, sondern Präsident Janukowitsch zu
       boykottieren. Es wäre besser, wenn europäische Regierungschefs zur EM
       kämen, aber Janukowitsch ignorieren würden. Das Land brauche diese
       Fußballmeisterschaft, so Jazenjuk.
       
       In den deutsch-ukrainischen Beziehungen kriselt es schon länger. Die
       „orangene“ Regierung hatte sich einst von Deutschland mehr Unterstützung
       für eine Aufnahme in die EU erhofft. Sie nahm es Berlin übel, dass es 2008
       der Ukraine und Georgien beim Nato-Gipfel in Bukarest zusammen mit anderen
       europäischen Ländern den Aktionsplan zur Nato-Mitgliedschaft verweigerte.
       Der heutigen Regierung in Kiew ist die scharfe Kritik Berlins an
       innenpolitischen Entwicklungen längst ein Dorn im Auge.
       
       1 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Juri Durkot
       
       ## TAGS
       
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