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       # taz.de -- Proteste in Gorleben: Wut über geheime Verhandlungen
       
       > Demonstranten wollen, dass Gorleben als Endlagerstandort ausgeschlossen
       > wird. Hinter verschlossenen Türen soll die Politik aber längst über den
       > Atomendmüll geeint sein.
       
   IMG Bild: Während der jüngsten Proteste im Sonnenschein machte jeder routiniert und professionell seinen Job.
       
       GORLEBEN taz | Großes Gedränge herrscht um eine rund zwei Meter lange weiße
       Deutschland-Karte aus Sperrholz. Nur Gorleben ist darauf eingezeichnet,
       neben dem Ortsnamen ist in einer kleinen Vertiefung ein schwarzer Fleck
       aufgemalt. Wer will, kann einen Ball mit dem schwarz-gelben
       Radioaktivitätszeichen über die Fläche rollen lassen. Doch egal, von wo die
       Kugel eingeworfen wird, sie landet immer in Gorleben.
       
       „Der Fleck muss weg“, das ist die Forderung der je nach Schätzung 2.000 bis
       3.000 Menschen, die am Samstag in Gorleben demonstriert haben. Vor dem
       „Schwarzbau“ – wie sie das Erkundungsbergwerk hier nennen – sind auch 150
       Traktoren der „Bäuerlichen Notgemeinschaft“ aufgefahren. An den
       Führerhäuschen wehen die gelb-roten Fahnen mit der Anti-Atom-Sonne und die
       grünen Wimpel der „Freien Republik Wendland“. Ein Landwirt hat ein Stück
       Stoff bemalt und an der Gabel seines Schleppers befestigt. „Morbus
       Röttgen“, steht da. „Das krankhafte Festhalten am falschen Weg“.
       
       Carsten Niemann ist Sprecher der Notgemeinschaft. Ein Endlagersuchgesetz
       sei „im Prinzip dringend notwendig“, ruft er auf dem zur Kundgebungsbühne
       umgebauten Lastwagen. „Doch das, was zurzeit passiert, nämlich
       Verhandlungen hinter verschlossener Tür, das flößt uns kein Vertrauen ein.“
       
       So ist durchgesickert, dass sich SPD und Grüne mit der Regierungskoalition
       auf den Umgang mit Gorleben geeinigt haben. Es soll einen Bau- und
       Erkundungsstopp geben, auch die vorläufige Sicherheitsanalyse wird wohl
       abgebrochen. Der Salzstock bleibt aber im Suchverfahren. „Ein Neustart sind
       anders aus“, sagt Wolfgang Ehmke von der BI Lüchow-Dannenberg. „Der einzige
       Grund, Gorleben im Rennen zu halten, ist, am Ende Gorleben wieder als
       geeigneten Standort präsentieren zu können.“
       
       Von einem Wagen steigen hundert weiße Luftballons mit einem schwarzen Punkt
       in die Luft. Im Geäst von zwei Kiefern spannen Kletterer unter dem Beifall
       der Umstehenden ein Protesttransparent über die Straße. Nach der Kundgebung
       machen sich die Demonstranten auf zu einer „kulturellen Umzingelung“ des
       Bergwerksgeländes. Die Blockaden dauerten bis Samstagabend an.
       
       29 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
   DIR Wendland
       
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