URI: 
       # taz.de -- Nobelpreisträger gegen Islamisten: Al-Baradei gründet Partei
       
       > Um eine Alternative zu den islamistischen Parteien in Ägypten zu
       > schaffen, hat der Friedensnobelpreisträger jetzt eine eigene Partei
       > gegründet. Unterstützung kommt von den Liberalen.
       
   IMG Bild: Mohamed al-Baradei nach der Pressekonferenz in Kairo.
       
       Mohammed al-Baradei gehört zu den bekanntesten Gesichtern der ägyptischen
       Revolution. Der ehemalige Chef der Internationalen Atomenergiebehörde gilt
       für viele junge ägyptische Revolutionäre als einer der wenigen
       glaubwürdigen Politiker des Landes. Dementsprechend groß war der Andrang am
       Wochenende, als der 69-Jährige in Kairo die Gründung seiner neuen Partei
       bekannt gab. „Es ist an der Zeit, einen umfassenden politischen Prozess zu
       starten, um die Ziele der Revolution zu verwirklichen“, sagte al-Baradei.
       „Es gilt die Revolution zu retten, bevor sie vollends entgleist.“
       
       Gemeinsam mit dem bekannten ägyptischen Schriftsteller Alaa al-Aswani und
       weiteren bekannten Gesichtern der Revolution will al-Baradei die
       zersplitterte revolutionäre Opposition vereinen und bei den
       Parlamentswahlen in vier Jahren zum Sieg führen. „Ich bin optimistisch,
       dass unsere Partei Millionen von Mitgliedern anziehen wird“, rief er seinen
       jubelnden Fans zu.
       
       Al-Baradei hatte im Januar seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen
       zurückgezogen. Vor allem das Fehlen einer neuen Verfassung galt dabei als
       Problem. „Es ist absurd, einen Präsidenten zu wählen, bevor es eine
       Verfassung gibt“, sagt Namira Negm, politische Analystin aus Kairo. „Wie
       kann man jemandem einen Posten geben, ohne seine Rechte und Pflichten
       festzulegen? Wie kann man so jemanden zur Rechenschaft ziehen?“
       
       Dementsprechend fordert al-Baradeis „Partei der Verfassung“ die Neuordnung
       des Demokratiefahrplans. Anfang des Monats war die vom Parlament
       eingesetzte verfassunggebende Versammlung vom obersten Verwaltungsgericht
       aufgelöst worden. Am Wochenende haben sich der Militärrat und eine Vielzahl
       von Politikern und Parteien auf eine neue Zusammensetzung für die
       Versammlung geeinigt. „Wenn die neue Versammlung Tag und Nacht
       durcharbeitet und sich bei der alten Verfassung bedient, könnte sie es
       schafften“, sagt Negm. „Falls es jedoch Konflikte gibt, ist die Zeit zu
       kurz bis zur ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 23. Mai.“ Kritische
       Punkte umfassen die zukünftige wirtschaftliche Ordnung Ägyptens, das
       Verhältnis von Religion und Staat und die Privilegien des Militärs.
       
       Wie instabil die Situation in Kairo ist, zeigte sich Sonntagnacht.
       Salafisten, die gegen die Disqualifizierung ihres
       Präsidentschaftskandidaten protestierten, wurden attackiert. Dabei wurden
       91 Personen verletzt.
       
       29 Apr 2012
       
       ## TAGS
       
   DIR Mohamed ElBaradei
   DIR tazlab 2012: „Das gute Leben“
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Politische Krise in Ägypten: Rätselraten um ElBaradei
       
       Mohammed ElBaradei sollte am Samstagabend als Übergangsregierungschef von
       Ägypten vereidigt werden. Doch daraus wurde erstmal nichts.
       
   DIR Ägypten im Umbruch: 20 Tote bei Kundgebung in Kairo
       
       Eine bewaffnete Gruppe greift Demonstranten an. Die protestierten zusammen
       mit Anderen gegen den Ausschluss ihres Präsidentschaftskandidaten und den
       Militärrat.
       
   DIR Protest in Ägypten: Fünf tote Demonstranten in Kairo
       
       Seit Tagen wird in Ägyptens Hauptstadt gegen den Militärrat protestiert.
       Jetzt starben fünf Demonstranten. Der Militärrat gab bekannt, einige
       Muslimbrüder in die Regierung zu integrieren.
       
   DIR Kommentar Al-Baradei: Der unbekannte Prophet
       
       Der ehemalige IAEO-Chef Al-Baradei hat längst bewiesen, dass er keine
       Marionette des Westens ist. Am Nil kümmert das jedoch kaum jemanden.
       
   DIR Streit mit Israel: Ägypten liefert kein Gas mehr
       
       Israel zahle seine Rechnungen nicht, begründet die ägyptische Firma EGAS
       die Einstellung der Gaslieferungen. Seit sechs Monaten läuft ein
       Schlichtungsverfahren.
       
   DIR Ägypten vor der Wahl: Wiedervereint auf dem Tahrir
       
       Erneut demonstrieren in Kairo Islamisten, Liberale und Tahrir-Aktivisten
       gemeinsam. Sie wollen ein Ende der Militärherrschaft. Ganz grün sind sie
       sich nicht.
       
   DIR Präsidentschaftswahl in Ägypten: Die Favoriten sind raus
       
       Die Kandidaten des alten Regimes, der Muslimbrüder und der Salafisten
       dürfen bei der Wahl in Ägypten nicht antreten. Damit verschieben sich die
       Gewichte.
       
   DIR Ägyptische Soziologin auf dem tazlab: „Kulturell hat sich viel verändert“
       
       Das kreative Potenzial ist enorm, aber das Militär agiert beängstigend. Ein
       Jahr nach dem Sturz von Mubarak zieht die Kairoer Soziologin Mona Abaza
       Bilanz.