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       # taz.de -- Walmarts unsaubere Methoden: Bestechende Expansion in Mexiko
       
       > Der größte Einzelhandelskonzern der Welt steht im Verdacht, seine
       > Ausbreitung in Mexiko mit Korruption erkauft zu haben. Gegen Walmart wird
       > eine Untersuchung eingeleitet.
       
   IMG Bild: Bilig, billig, billig: Walmart in Mexiko Stadt.
       
       WASHINGTON taz | Nach Enthüllungen über millionenschwere Bestechung und
       ihre Vertuschung durch das Management von Walmart ist der Aktienwert des
       größten Einzelhandelskonzerns der Welt abgestürzt. Jetzt drohen dem Konzern
       hohe Strafen, zwei Kongressabgeordnete in den USA haben eine politische
       Untersuchung angekündigt und die Zulassung neuer Zweigniederlassungen in
       New York ist gefährdet.
       
       Die Walmart-Leitung in Arkansas, die sonst viel von Moral, Respekt und
       Gesetzestreue redet, hält sich dieses Mal bedeckt. Sie schickte lediglich
       einen Sprecher vor, der ein hölzernes Pressekommuniqué vor einer
       Videokamera verlas. „Wir tolerieren Korruption nirgendwo“, heißt es darin.
       „Sollten die Vorwürfe stimmen, werden wie aggressiv dagegen vorgehen.“
       
       Mindestens 24 Millionen Dollar Bestechungsgelder soll Walmart nach
       Berichten der New York Times bei seiner Expansion in Mexiko gezahlt haben:
       Schmiergeld, um in rasanter Geschwindigkeit von 1991 an Dutzende von
       Geschäften – meist unter dem Namen „Sam’s Club“ – in dem nunmehr größten
       ausländischen Markt des Konzerns zu eröffnen.
       
       Schon im Jahr 2006 soll der ehemalige Chef von Walmart in Mexiko einen
       Anwalt über die Bestechungszahlungen informiert haben. Der gab detaillierte
       Informationen – mit Namen, Terminen und Geldmengen – an die Konzernspitze
       in Arkansas weiter. Unter anderem, so die New York Times, soll auch der
       heutige Konzernchef Mike Duke, der damals die „internationale Division“
       leitete, informiert gewesen sein.
       
       Bestechung verstößt sowohl gegen mexikanisches als auch gegen
       US-amerikanisches Recht. Doch Arkansas rührte sich nicht. Erst Ende
       vergangenen Jahres, als die New York Times zu dem Thema recherchierte und
       das US-Justizministerium informiert war, setzte sich die Spitze des
       Konzerns in Bewegung. Im Dezember habe Walmart seine Aktionäre informiert,
       sagt Pressesprecher David Tovar. Er fügte hinzu: „Wir sind freiwillig zum
       Justizministerium gegangen und haben eigene extensive Untersuchungen
       begonnen.“
       
       ## „Symbolische Globalisierung“
       
       Um mehrere Walmart-Filialen in Mexiko hat es vor ihrer Eröffnung heftige
       Auseinandersetzungen gegeben. Insbesondere um einen Supermarkt direkt neben
       der Mondpyramide von Teotihuacan. Der mexikanische Dichter Homero Aridjis
       sprach von einer „symbolischen Globalisierung im alten Herzen Mexikos“.
       Doch 2004 stimmte das nationale anthropologische Institut von Mexiko dem
       Projekt zu.
       
       Der 1962 gegründete Konzern Walmart, der weltweit 2,2 Millionen Menschen
       beschäftigt, hat zunächst die USA und dann weite Teile von Lateinamerika,
       Afrika und Asien erobert. Wo er seine Supermärkte mit Billigprodukten
       eröffnet, geht der kleine Einzelhandel oft kaputt.
       
       Walmart hat vielfach Negativschlagzeilen gemacht: Wegen niedriger Löhne,
       Geschlechterdiskriminierung gegen Frauen und des Verkaufs von Produkten aus
       Bangladesch, wo die Beschäftigten bis zu 80 Stunden die Woche zu
       Hungerlöhnen von 20 US-Cent die Stunde arbeiten. Um Widerstand zu
       vermeiden, verhindert der Konzern seit seinen Anfängen in seinen
       US-Filialen die Anwesenheit von Gewerkschaften – mit Einschüchterungen und
       anderen Mitteln.
       
       ## Gewerkschaften unerwüscht
       
       Im Jahr 2000, als Fleischpacker bei Walmart in Texas für eine
       gewerkschaftliche Vertretung stimmten, schaffte der Konzern kurzerhand ihre
       Abteilung ab. In Jonquière in Kanada schloss er 2004 einen ganzen
       Supermarkt, nachdem die Belegschaft sich gewerkschaftlich organisiert
       hatte. Aus Deutschland zog sich Walmart 2006 nach Konflikten mit Verdi und
       enttäuschenden Umsätzen zurück.
       
       In Washington haben am Montag die demokratischen Kongressabgeordneten
       Elijah Cummings und Henry Waxman an Konzernchef Duke geschrieben, dass sie
       eine Untersuchung wegen Verstoßes gegen das US-Gesetz gegen Korruption
       einleiten, das Bestechungen von ausländischen Regierungsmitgliedern
       verbietet.
       
       Die interne, und möglicherweise externe, Untersuchung, die dem Konzern nun
       bevorsteht, könnte Jahre dauern und Millionen kosten. Walmart hat
       gegenwärtig in 27 Ländern insgesamt 10.130 Supermärkte. Die Genese jedes
       einzelnen könnte die Ermittler interessieren. Im Fall einer Verurteilung
       drohen hohe Geldstrafen und möglicherweise Gefängnisstrafen für
       Spitzenmanager.
       
       24 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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