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       # taz.de -- Urteil zur Sicherungsverwahrung: Schmerzensgeld für Ex-Häftlinge
       
       > Weil die Sicherungsverwahrung von vier Häftlingen rechtswidrig
       > nachträglich verlängert wurde, bekommen sie eine Entschädigung. Für jeden
       > Monat 500 Euro.
       
   IMG Bild: Strafe verbüßt, sicherungsverwahrt und nochmal sicherungsverwahrt.
       
       GÖTTINGEN taz | Wer rechtswidrig in der Sicherungsverwahrung bleiben
       musste, bekommt Schadensersatz. Das hat jetzt das Landgericht Karlsruhe in
       vier Fällen aus Baden-Württemberg entschieden. Die Kläger bekommen zwischen
       49.000 und 73.000 Euro.
       
       Die Männer, die heute zwischen 55 und 65 Jahre alt sind, waren vor
       Jahrzehnten wegen Sexualdelikten zu langjährigen Freiheitsstrafen mit
       anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Ihre
       Gefängnisstrafen zwischen 5 und 15 Jahren hatten sie allesamt verbüßt. Weil
       sie noch als gefährlich galten, blieben sie anschließend zwischen 18 und 22
       Jahre in der Sicherungsverwahrung.
       
       Zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung galt aber noch eine Obergrenze von zehn
       Jahren Sicherungsverwahrung. Diese Obergrenze wurde jedoch 1998 aufgehoben
       - auch für bereits Verurteilte. Deshalb mussten die vier Männer deutlich
       länger als zehn Jahre in der Sicherungsverwahrung bleiben.
       
       Inzwischen haben der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und
       das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass diese rückwirkende
       Verlängerung der Verwahrung rechtswidrig war. Alle vier Männer wurden
       inzwischen auch entlassen.
       
       Auf ihre Klage hin sprach ihnen das Landgericht Karlsruhe nun 500 Euro für
       jeden Monat rechtswidrig erlittene Sicherungsverwahrung zu. Das Gericht
       orientierte sich dabei an Summen, die der EGMR in ähnlichen Fällen
       zugesprochen hat.
       
       Das Urteil ist ein Präzedenzfall für einige Dutzend ähnlicher Fälle. Zahlen
       muss diesmal das Land Baden-Württemberg, weil die Verlängerung der
       Sicherungsverwahrung von baden-württembergischen Gerichten angeordnet
       wurde. Das Land wird voraussichtlich Rechtsmittel einlegen. Sollte es am
       Ende rechtskräftig verurteilt werden, will es das Geld vom Bund
       zurückholen, schließlich habe der Bundestag die rechtswidrige Gesetzeslage
       verursacht. (Az.: 2O278/11 u.a.)
       
       24 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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