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       # taz.de -- Volkswagen investiert in Unruheprovinz: VW soll Minderheiten schützen
       
       > Als erster westlicher Autokonzern will Volkswagen in der chinesischen
       > Provinz Xinjiang ein Werk errichten. Dafür kommt Regierungschef Wen
       > Jiabao nach Wolfsburg.
       
   IMG Bild: Wachsender Markt: VW baut in China bereits seit 30 Jahren Autos – wie in dieser Fabrik in Shanghai.
       
       PEKING taz | Bislang hat es noch kein ausländischer Autokonzern gewagt, mit
       einer Großinvestition in Xinjiang Fuß zu fassen. In der autonomen Provinz
       im Nordwesten Chinas kommt es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen
       vor allem zwischen zugewanderten Chinesen und der ethnischen Minderheit der
       Uiguren, die bis vor wenigen Jahrzehnten noch die Mehrheit in der Region
       stellten.
       
       Auf der VW-Hauptversammlung am vergangenen Donnerstag in Hamburg hat
       VW-Chef Martin Winterkorn angekündigt, dass der Aufsichtsrat einem neuen
       Produktionsstandort in der westchinesischen Provinz zugestimmt hat.
       
       Bereits am Montag wird VW wohl ein entsprechendes Abkommen mit der
       chinesischen Regierung abschließen. Chinas Regierungschef Wen Jiabao ist
       dann in der Volkswagenstadt Wolfsburg zu Besuch. Auch Kanzlerin Angela
       Merkel (CDU) will bei der Vertragsunterzeichnung anwesend sein.
       
       VW plant das Werk in der Provinzhauptstadt Ürümqi in Zusammenarbeit mit dem
       chinesischen Staatsunternehmen Shanghai Automotive (SAIC). Gemeinsam
       betreiben sie bereits seit über 30 Jahren die Shanghaier Produktionsstätte,
       VWs erstes Werk in China.
       
       ## Schwere Spannungen mit der Minderheit der Uiguren
       
       Warum VW ausgerechnet in Xinjiang investiert, ist offiziell kaum zu
       erfahren. Beobachter vermuten, dass die chinesische Regierung VW, das
       unbedingt in China und auch in Zentralasien expandieren will, diese
       Standortentscheidung abgerungen hat. Die chinesische Regierung wiederum
       will die Unruheprovinz durch wirtschaftliche Entwicklung befrieden.
       
       In Xinjiang herrschen seit vielen Jahren schwere Spannungen zwischen
       Chinesen und der zumeist muslimisch geprägten Minderheit der Uiguren. Diese
       fühlt sich politisch und kulturell unterdrückt und sieht die Chinesen als
       Besatzer, die in vielen Teilen der Region bereits die Mehrheit ausmachen.
       
       Chinas Führung wirft uigurischen Gruppen wiederum Separatismus vor. Immer
       wieder ist es zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen, zuletzt im Juni
       2009, als 200 Menschen vor allem auf chinesischer Seite ums Leben kamen.
       Viele Uiguren beklagen, sozial und wirtschaftlich benachteiligt zu werden.
       
       Der Weltkongress, die Exilorganisation der Uiguren mit Sitz in München,
       kritisiert die Entscheidung des Volkswagen-Konzerns. Im Prinzip seien
       ausländische Investitionen in der Region willkommen, versichert ihr
       Generalsekretär Dolkum Isa.
       
       ## VW soll auch Uiguren und Kasachen einstellen
       
       Doch diese Konzerne sollten sich zum Minderheitenschutz bekennen.
       „Volkswagen muss sich dann auch verpflichten, Uiguren einzustellen“,
       forderte Isa. Erfahrungsgemäß würden bei Investitionen nur zugewanderte
       Chinesen berücksichtigt. Uiguren und andere Minderheiten, etwa Kasachen,
       gingen leer aus.
       
       „Volkswagen sollte in der Region nur aktiv werden, wenn es sich eindeutig
       zu den Rechten der ethnischen Minderheiten bekennt“, fordert auch die
       Grünen-Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon. Eine Werkseröffnung dürfe
       nicht die Rechte derer verletzen, die dort immer gelebt haben. Von
       möglichen wirtschaftlichen Vorteilen müssten die ethnischen Minderheiten in
       gleicher Weise profitieren wie Angehörige der Han.
       
       Chinesischen Medien zufolge soll die neue Fabrik zunächst zwischen 20.000
       und 50.000 Autos im Jahr produzieren. Das Investitionsvolumen liegt bei
       umgerechnet rund 240 Millionen Euro. Mit der Eröffnung des Werkes in Ürümqi
       wird bereits 2013 gerechnet. Am Sonntagabend wollten Wen Jiabao und Merkel
       bereits die weltgrößte Industriemesse in Hannover eröffnen, wo China in
       diesem Jahr das Partnerland ist. Uigurische Exilgruppen in Deutschland
       haben Proteste angekündigt.
       
       22 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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