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       # taz.de -- Urteil zu Youtube und Gema erwartet: Was gesperrt werden muss
       
       > Youtube und die Verwertungsgesellschaft Gema streiten sich ums Abspielen
       > von 12 Videos im Netz. Das Urteil am Nachmittag könnte große Auswirkungen
       > haben.
       
   IMG Bild: Auf Youtube werden pro Minute 60 Minuten Video hochgeladen.
       
       KÖLN taz | „Leider ist dieses Video in Deutschland nicht verfügbar“ – diese
       Fehlermeldung sind deutsche Nutzer von YouTube inzwischen mehr als gewöhnt.
       Heute entscheidet das Landgericht Hamburg darüber, ob die Videoplattform
       ihr Angebot noch strenger filtern muss.
       
       Eigentlich geht es bei dem Prozess nur um 12 Videos, die YouTube auf
       Verlangen der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische
       Vervielfältigungsrechte (Gema) sperren soll. Darunter auch das vor 50 Jahre
       aufgenommende Video von Conny Froboess mit ihrem damaligen Hit „Zwei kleine
       Italiener“.
       
       Doch das Dutzend Videos stehen stellvertretend für einen größeren Streit.
       Google sieht YouTube als Plattform, auf der Nutzer in Eigenverantwortung
       Videos hochladen können. Das Unternehmen sieht sich völlig im Recht darin,
       diese Videos mit immer mehr Werbung zu bestücken – schließlich ist der
       Service ja kostenlos. In den USA gilt für solche Plattformen bisher eine
       relativ einfach Rechtslage: YouTube muss grundsätzlich nicht für die
       Uploads seiner Nutzer haften. Erst auf konkrete Beschwerde von
       Rechteinhabern werden die Daten gelöscht.
       
       „Wir betrachten Youtube nicht als Service-Provider, sondern in großen
       Teilen als Content-Provider, der sich Inhalte zu eigen macht und mit
       Werbung verknüpft“, sagte Gema-Jurist Alexander Wolf. Damit wäre Youtube
       eher vergleichbar mit einem Fernsehsender, der auch selbst dafür sorgen
       muss, dass er für das ausgestrahlte Material die Rechte besitzt.
       
       Dass Youtube das nicht hundertprozentig leisten kann, ist nicht umstritten.
       Nach Unternehmensangabe werden in jeder Minute 60 Stunden Videos auf die
       Plattform hochgeladen. Dieses Material komplett und kompetent auf
       Rechtsverletzungen zu überprüfen ist kaum möglich – zumal die
       Musikindustrie auch gegen Videos vorgeht, in denen geschützte Musikstücke
       nur im Hintergrund zu hören sind. Unterschiedliche Urheberrechtsregeln, wie
       der in den USA praktizierte „fair use“, der die Verwendung von Ausschnitten
       von geschützten Werken erlaubt, machen die Prüfung noch komplizierter.
       
       So blamierte sich Google im Dezember, als das Unternehmen mit großem Pomp
       die Verfügbarkeit des Films Sonnenallee auf YouTube verkündete, der Film
       aber daraufhin wegen vermeintlicher Lizenzverstöße [1][sofort wieder
       gesperrt] wurde. Wie das passieren konnte, verschweigt YouTube: Details zu
       dem Filtersystem „Content ID“ möchte das Unternehmen nicht veröffentlichen.
       
       ## Kompliziertes Rechte-Raten
       
       Über Jahre hat Google auf Drängen der Industrie Filter entwickelt, die
       unlizensierte Videos selbständig erkennen sollen. Ist ein Video einmal als
       unzulässig markiert, können die Algorithmen auf den Google-Servern weitere
       Kopien automatisch erkennen, auch wenn sie leicht verändert wurden. Doch
       die YouTube-Nutzer haben viele Wege gefunden, diese automatischen Filter zu
       täuschen – so werden Serienfolgen zum Beispiel spiegelverkehrt hochgeladen.
       
       Die Gema verlangt nach [2][Medienberichten] nun, dass Youtube neben den
       automatischen Videofiltern auch Textfilter einsetzt, und so mehr Inhalte
       automatisch löschen soll. Es genügt also wenn im Beschreibungstext eines
       Videos ein geschütztes Lied genannt wird, um das Video von der Plattform
       verschwinden zu lassen.
       
       Ob die bisherigen Bemühungen von Google ausreichen, soll nun das
       Landgericht Hamburg entscheiden. Im März hatte das Oberlandesgericht dem
       One-Click-Hoster Rapidshare umfassende [3][Prüfpflichten] aufgegeben: Das
       Unternehmen müsse aktiv nach Hinweisen auf unlizensiertes Material auf
       seinen Servern suchen und dabei auch einschlägige Foren sichten.
       
       Der Prozess um YouTube ist aber auch Teil einer Verhandlungsstrategie. Seit
       Jahren sind Gema und Google darüber im Streit, wie viel eine legale Nutzung
       der von der Verwertungsgesellschaft kontrollierten Musik kosten würde. Wenn
       die Gema Youtube unbequeme Prüfpflichten aufzwingen kann, die das Angebot
       immer unattraktiver machen, könnte die Zahlungsbereitschaft von Google
       steigen. Sollten sich beide Seiten endlich auf einen Tarif einigen, könnten
       die Gema-Fehlermeldungen der Vergangenheit angehören.
       
       20 Apr 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Sperr-Posse-um-die-Sonnenallee-auf-YouTube-1391704.html
   DIR [2] http://www.golem.de/news/gema-gegen-youtube-medienanwalt-erwartet-ab-morgen-weitere-youtube-sperren-1204-91288.html
   DIR [3] http://www.heise.de/newsticker/meldung/OLG-Hamburg-modifiziert-Haftung-von-One-Click-Hostern-1473988.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Torsten Kleinz
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Urheberrecht
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