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       # taz.de -- One Laptop per Child: Keine guten Noten für Schulcomputer
       
       > Nach Zahlen ist das OLPC-Programm ein voller Erfolg: 2,5 Millionen
       > Laptops wurden an Schüler aus aller Welt verteilt. Eine erste Studie in
       > Peru ergab aber wenig positive Effekte.
       
   IMG Bild: Erfolgsmodell? OLPC-Besitzer in Nicaragua.
       
       „One Laptop per Child“ – „Ein Laptop für jedes Kind“ – als der
       US-Informatiker Nicholas Negroponte 2005 seine Idee eines
       100-Dollar-Laptops für die Schulen in Entwicklungsländern vorstellte,
       beflügelte sie eine ganze Branche.
       
       Zahlreiche Firmen und Experten aus verschiedenen Feldern machten sich
       daran, einen Computer zu entwickeln, der billig und stabil ist, um Kindern
       in Entwicklungsländern den idealen Zugang zu den Errungenschaften modernen
       Technik zu geben. „So werden sie miteinander verbunden, mit der Welt und
       mit einer besseren Zukunft“, heißt es in dem Manifest des Projekts.
       
       Nach Anfangsschwierigkeiten, die den Preis des Rechners auf fast das
       Doppelte der angestrebten 200 Dollar erhöhten, hat das Projekt an Fahrt
       gewonnen. Seit 2008 werden die Rechner an Kinder in 42 Ländern ausgegeben,
       die Regierungen bezahlen den Kaufpreis, um der jungen Generation einen
       Anschluss an eine gänzlich auf Computer ausgerichtete Gesellschaft zu
       geben.
       
       Doch nun ergab eine [1][Studie der Inter-American Development Bank] an
       Schulen in Peru, dass die Kinder die Geräte zwar regelmäßig benutzen. Auf
       den Lernerfolg in Fächern wie Mathe oder Spracherziehung hatte die
       Anschaffung aber kaum Auswirkungen.
       
       ## Studie mit 20.000 Schülern
       
       Über 20.000 Schüler an mehr als 300 Schulen in Peru wurden 15 Monate nach
       Beginn des Programms auf ihre Lernerfolge überprüft. Die Schüler mussten an
       standardisierten Tests teilnehmen, Forscher befragten Schüler und Eltern
       und untersuchten sogar die Log-Dateien der Laptops um zu sehen, wann und
       wie die Schüler ihre Laptops genutzt hatten.
       
       Erstes Ergebnis: Die Computerisierung kam bei den Schülern gut an. Die
       meisten nutzten den Rechner fast täglich, um Texte zu schreiben oder
       Informationen in der Wikipedia nachzuschlagen. Mit dem linuxbasierten Gerät
       zurechtzukommen, machte den Kindern kaum Schwierigkeiten. Die 200 auf dem
       Laptop vorinstallierten Bücher wurden jedoch kaum genutzt.
       
       Falls die Verantwortlichen darauf hofften, dass der Computer den gesamten
       Schulerfolg der Kinder schnell verbessern würden, wurden sie hingegen
       enttäuscht. In Peru, wo viele Schulen nicht mal einen Stromanschluss,
       geschweige denn einen Internetanschluss haben, sind die Testresultate der
       Schüler mit OLPC-Laptop nicht wesentlich gestiegen. Die Unterschiede zur
       Kontrollgruppe ohne Laptop waren kaum messbar.
       
       ## Verbesserte kognitive Fähigkeiten
       
       Erfolge konnte das Programm jedoch in anderen Bereichen erzielen. Bei den
       kognitiven Fähigkeiten schnitten die Kinder mit Laptop deutlich besser ab
       als andere Schüler. Der Vorsprung betrug nach der Untersuchung im Schnitt
       über fünf Monate vor der Testgruppe. Die Kinder im Programm verwendeten die
       Sprache auch flüssiger als Kinder ohne Laptop.
       
       Das OLPC-Projekt als Misserfolg zu bezeichnen wäre demnach zu früh. So
       sehen die Forscher in der Praxis deutliche Abweichungen von den Plänen:
       viele Kinder konnten ihren Rechner nicht mit nach Hause nehmen und so zu
       Hause mit dem neuen Gerät lernen. Auch fehlt oft der Zugang zum Internet,
       der den Laptop tatsächlich von einem reinen Lern-Gerät für die Schule zu
       einem Tor zur Welt werden lassen könnte.
       
       Die Projektverantwortlichen selbst konzentrieren sich in ihrer Bewertung
       auf die positiven Aspekte der Studie. So verweist Oscar Becerra, der das
       Projekt von Seiten der peruanischen Regierung betreut hat, dass mit dem
       OLPC 220.000 Kinder Laptops bekommen haben, die sonst keine Chance gehabt
       hätten, mit modernen Informationstechniken in Berührung zu kommen.
       
       „Wir mögen in einigen Punkten nicht erfolgreich gewesen sind – das bedeutet
       aber nicht, dass das Projekt gescheitert ist.“ [2][schreibt Berrera]. In
       einem [3][Blogeintrag] kritisiert OLPC, dass sich die Forscher auf
       kurzfristige Effekte in Fächern konzentriert hätten, in denen keine Erfolge
       zu erwarten gewesen wären. Die Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung
       seien bei der kuzen Dauer des Projekts beeindruckend.
       
       15 Apr 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.iadb.org/en/research-and-data/publication-details,3169.html?pub_id=IDB-WP-304
   DIR [2] http://edutechdebate.org/olpc-in-peru/what-do-olpc-peru-results-mean-for-ict-in-education/
   DIR [3] http://blog.laptop.org/2012/04/08/iadb-studies-olpc-in-peru/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Torsten Kleinz
   DIR Torsten Kleinz
       
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