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       # taz.de -- Gespräche über Irans Atomprogramm: Ein Schritt nach dem anderen
       
       > Die neue Gesprächsrunde über das iranische Atomprogramm wurden von beiden
       > Seiten positiv bewertet. Teheran war mit einem Plan gekommen, weiter
       > geht's im Mai.
       
   IMG Bild: Gemeinsam auf einem Foto, aber inhaltlich noch weit entfernt: EU-Außenbeauftragte Ashton und Irans Chefunterhändler Dschalili.
       
       GENF taz | Die internationalen Gespräche über das umstrittene iranische
       Atomprogramm am Samstag in Istanbul sind nach Bekundungen aller Beteiligten
       positiv verlaufen. Als Ergebnis wurde die Fortsetzung der Gespräche am 23.
       Mai in Bagdad bekannt gegeben. Es waren die ersten Gespräche nach einer von
       Verhärtung auf allen Seiten sowie zunehmender Kriegsrethorik geprägten
       15-monatigen Pause.
       
       Teilnehmer des Istanbuler Treffen waren der Chefunterhändler der iranischen
       Regierung für Nuklearfragen, Said Dschalili, sowie hohe Vertreter der
       Außenministeriin der sogenannten "P5+1"-Staatengruppe. Das sind die fünf
       ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates (USA, China, Rußland, Frankreich,
       Großbritannien) und Deutschland. Die drei europäischen Staaten vertreten
       zugleich die EU. Die Leitung der Gespräche lag bei der EU-Außenbeauftragten
       Catherine Ashton.
       
       Die US-Regierung bewertete das Treffen als einen „ersten positiven
       Schritt“. Die Atmosphäre bei den Gesprächen sei konstruktiv gewesen, sagte
       der stellvertretende nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Barack
       Obama, Ben Rhodes, in der Nacht zum Sonntag. Die Übereinkunft, die
       Gespräche Ende Mai fortzusetzen, sei ein weiteres positives Signal. Ähnlich
       äußerten sich auch Diplomaten und Regierungsvertreter Rußlands und Chinas
       sowie der drei beteiligten EU-Staaten. „Das Wichtigste ist, dass es die
       Verabredung für ein Folgetreffen und den Willen gibt, in einen
       substanziellen Prozess einzusteigen“, erklärte Bundesaußenminister Guido
       Westerwelle.
       
       Die Bundesregierung wolle „eine politische Lösung“ im Konflikt um das
       iranische Atomprogramm. Auch der Iran äußerte sich nach dem Treffen
       positiv. „Wichtig ist, dass sich die Rhetorik der Weltmächte geändert hat,
       und in einer Atmosphäre von gegenseitigem Respekt können dann auch
       Ergebnisse erzielt werden“, sagte der Dschalili.
       
       ## Urananreicherung auf fünf Prozent
       
       Ashton erklärte, nach dem „nützlichen und konstruktiven Treffen von
       Istanbul“ gehe es „jetzt darum, den Streit um das iranische Atomprogramm
       Schritt für Schritt beizulegen“. Die Elemente für eine Deeskalation und
       Beilegung des Konfliktes durch wechselseitige Konzessionen sind schon lange
       allen Beteiligten bekannt und wurden in Istanbul sowie bei früheren
       Gesprächsrunden zum Teil bereits im Detail besprochen.
       
       Teherans Chefunterhändler Dschalili hatte einen konkreten Vierstufenplan
       mit nach Istanbul gebracht. Er sieht vor, dass Iran als ersten Schritt sein
       Uran nicht mehr auf 20 Prozent, sondern nur noch die für Energiegewinnung
       in Atomkraftwerken erforderlichen fünf Prozent anreichert. In weiteren
       Schritten würde Iran Zusatzprotokolle und Vereinbarungen zum
       Atomwaffensperrvertrag umsetzen und ratifizieren, und damit den
       Inspekteuren der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) einen deutlich
       verbesserte Überwachung seiner Atomanlagen ermöglichen.
       
       Schließlich würde Teheran alle noch offenen Informationsforderungen der
       IAEA über sein Atomprogramm erfüllen und nur noch Anreicherunganlagen
       betreiben, die von der IAEA dauerhaft überwacht werden. Im Gegenzug sollten
       nach dem iranischen Vierstufenplan die USA, die EU sowie der
       UN-Sicherheitsrat alle gegen Iran verhängten Sanktionen schrittweise
       zunächst vorläufig aussetzten und schließlich ganz aufheben.
       
       Eine solcher oder ähnlicher Plan hätten allerdings nur eine Chance, wenn
       die USA und die EU ihre seit nunmehr sieben Jahren erhobene und seitdem
       auch im UN-Sicherheitsrat durchgesetzte Forderung nach einer vollständigen
       Einstellung jeglicher Urananreicherung auf iranischem Boden aufgibt.
       Bereits Anfang 2010 hatte Teheran einem von Brasilien und der Türkei
       vermittelten Kompromißvorschlag über die Verlagerung der Urananreicherung
       ins Ausland zugestimmt. Doch diese Vereinbarung scheiterte im
       UN-Sicherheitsrat am Einspruch der USA. Ein ähnliches, mit Zustimmung der
       USA aushandeltes Modell, unter dem die für iranische AKW erforderlichen
       Brennstäbe von Rußland und Frankreich geliefert werden sollten, wurde nach
       Zustimmung des iranischen Chefunterhändlers von Revolutionsführer Ayatollah
       Chameni für null und nichtig erklärt.
       
       15 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Iran
       
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