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       # taz.de -- Verfassungsrichter fordern Klärung: Wer haftet wie für den DSL-Anschluss?
       
       > Ein Polizist wurde zur Zahlung von Abmahnkosten verurteilt, weil sein
       > Sohn illegal Musikdateien anbot. Die Verfassungsrichter fordern nun eine
       > endgültige Klärung vom BGH.
       
   IMG Bild: Auch Filesharer haben ein Recht auf höchstrichterliche Urteile.
       
       FREIBURG taz | Wann haftet der Inhaber eines Internet-Anschlusses für die
       illegale Nutzung des Internets durch andere Mitglieder seines Haushalts?
       Diese Frage wird bald der Bundesgerichtshof entscheiden. Derzeit gibt es
       noch unterschiedliche Antworten der Oberlandesgerichte. Doch das
       Bundesverfassungsgericht hat nun eine höchstrichterliche Klärung gefordert.
       
       Konkret ging es um den Fall eines Polizisten, der mit seiner
       Lebensgefährtin und deren volljährigen Sohn zusammenwohnte. Mehrere
       Musikfirmen hatten festgestellt, dass vom Internetanschluss des Polizisten
       fast 4.000 Musikdateien zum illegalen Download angeboten wurden. Wie sich
       herausstellte, hatte nicht der Polizist, sondern der Sohn die Musikstücke
       in der Tauschbörse eingestellt.
       
       Gestritten wurde nun um die Anwaltskosten der Plattenfirmen. Der Anwalt
       verlangte wegen des hohen Werts der Dateien 3.500 Euro für seine Abmahnung.
       Der Polizist habe zwar die Plattenfirmen nicht selbst geschädigt. Aber er
       habe an der Schädigung durch den Sohn mitgewirkt, indem er ihm Zugang zum
       Internet verschafft habe. Nach den Grundsätzen der „Störerhaftung“ komme es
       nicht auf ein Verschulden des Polizisten an. Er müsse daher zumindest die
       Kosten bezahlen, die erforderlich waren, um die Störung abzustellen.
       
       Das Oberlandesgericht (OLG) Köln verurteilte den Polizisten daraufhin im
       Juli 2011 zur Zahlung der Abmahnkosten. Der Mann habe als Inhaber eines
       Internetanschlusses die Pflicht, seine Mitbewohner vor illegalen Nutzungen
       zu warnen und dies auch zu überprüfen. Dass er diese Pflichten erfüllt
       habe, sei vom Polizisten zu spät behauptet und nicht bewiesen worden. Eine
       Revision ließ das OLG Köln nicht zu.
       
       ## Revision „lag nahe“
       
       Hiergegen legte der Polizist Verfassungsbeschwerde ein. Mit Erfolg. Eine
       mit drei Richtern besetzte Kammer des Verfassungsgerichts kritisierte, dass
       in diesem Fall die Zulassung der Revision „nahegelegen“ hätte. Dem
       Polizisten sei damit das Recht auf den gesetzlichen Richter verweigert
       worden.
       
       Die Verfassungsrichter argumentierten, dass die Frage, welche Pflichten der
       Inhaber eines Internetanschlusses hat, um den Missbrauch durch
       Haushaltsmitglieder zu vermeiden, von grundsätzlicher Bedeutung sei. Der
       Bundesgerichtshof habe sie bisher noch nicht geklärt. Auch gebe es
       unterschiedliche Lösungen durch verschiedene Oberlandesgerichte.
       
       Während das OLG Köln offensichtlich von jedem Anschlussinhaber verlange,
       auf seinen Mitbewohner einzuwirken, sei das OLG Frankfurt weniger streng.
       Es verlange dies nur, wenn ein Mitbewohner Anlass zu Misstrauen gegeben
       habe, etwa weil er die illegale Nutzung von Musiktauschbörsen angekündigt
       hat oder schon einmal dabei erwischt wurde.
       
       Der Fall wurde jetzt an das OLG Köln zurückverwiesen, das bald den Weg zum
       BGH freimachen wird. Am Bundesgerichtshof wird dann voraussichtlich in
       einigen Monaten die Frage auch inhaltlich geklärt.
       
       Az.: 1 BvR 2365/11
       
       13 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Bundesgerichtshof
       
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