# taz.de -- Soldaten übernehmen die Macht: Jetzt auch in Guinea-Bissau
> Nach Mali hat jetzt auch in Guinea-Bissau das Militär die Macht
> übernommen – gut zwei Wochen vor der geplanten Stichwahl um das Amt des
> Präsidenten.
IMG Bild: Guinea-Bissau gilt als eines der ärmsten Länder der Welt.
COTONOU taz | In Guinea-Bissau hat sich offensichtlich das Militär an die
Macht geputscht. Augenzeugen berichten von Schüssen in der Hauptstadt
Bissau und von einem Sturm auf die Residenz des bisherigen Premierministers
Carlos Gomes Júnior. Am späten Donnerstagabend sollen Soldaten ihn dort
überwältigt haben und halten ihn seitdem gefangen, berichten lokale Medien.
Doch wo er sich aufhält, ist unklar.
Zwischendurch gab es sogar Gerüchte, er sei ermordet worden. Außerdem
sollen die Soldaten den staatlichen Radiosender und das Hauptquartier der
Regierungspartei PAIGC (Afrikanische Partei für die Unabhängig von Guinea
und den Cap Verden) besetzt halten. Sie sollen außerdem Straßensperren
errichtet haben. Die Machtverhältnisse sind nach wie vor noch ungeklärt.
Grund für den Putsch könnte laut Informationen der Nachrichtenagentur AP
Gomez' angeblicher Vorstoß gewesen sein, angolanische Truppen ins Land zu
bringen. In einem anonymen Schreiben soll ein Kommandeur der Armee dies
kritisiert haben.
All das passiert gerade einmal gut zwei Wochen vor der Stichwahl um das
Präsidentschaftsamt. Die Wahl war nötig geworden, weil Amtsinhaber Malam
Bacai Sanhá Anfang des Jahres in Paris gestorben war. Am 29. April wäre der
bisherige Premierminister Carlos Gomes Júnior nun als klarer Favorit in die
zweite Runde gegangen. Im ersten Wahlgang am 23. März erhielt er 49 Prozent
der Stimmen und verpasste den Wahlsieg somit nur ganz knapp. Zweiter wurde
Kumba Yala mit 23 Prozent der Stimmen.
## Putschen hat Tradition
Mit rechten Dingen sei das nicht zugegangen, befand Yala kurz nach der
Bekanntgabe des Ergebnisses. Der Verlauf des Wahltages galt zwar als
friedlich. Doch seiner Meinung nach habe es erhebliche Wahlfälschung
gegeben. Kumba Yala kündigte deshalb an, die Stichwahl boykottieren zu
wollen. Diesen Aufruf wiederholten er und weitere Oppositionspolitiker ein
paar Stunden vor dem Putsch noch einmal bei einer Pressekonferenz.
Yala, den ein afrikanischer Internet-Dienst einst als hochintelligenten
Philosophen und gleichzeitig Demagogen betitelte, war bereits von 2000 bis
2003 Präsident, wurde dann aber in einem Putsch gestürzt. In Guinea-Bissau
hat das fast Tradition. Erst im Jahr 2009 wurde der damalige Präsident João
Bernardo Vieira von Soldaten ermordet. Einst hatte er sich selbst an die
Macht geputscht.
Doch nicht nur dafür ist Guinea-Bissau bekannt. Die einstige portugiesische
Kolonie, die 1974 unabhängig wurde und zwischen Senegal und Guinea am
atlantischen Ozean liegt, gilt als der westafrikanische Umschlagplatz für
Drogen. Unternommen haben die bisherigen Regierungen dagegen nichts. Ebenso
wenig in Sachen Armutsbekämpfung. Guinea-Bissau gilt als eines der ärmsten
Länder der Welt. Mehr als 80 Prozent der Menschen arbeiten in der wenig
ertragreichen Landwirtschaft.
13 Apr 2012
## AUTOREN
DIR Katrin Gänsler
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