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       # taz.de -- Streit um die Benzinpreise: Kein Spielraum nach unten
       
       > Während Politiker über die hohen Benzinpreise streiten, klagen die
       > Tankstellenbesitzer über niedrige Profite. Die Verantwortung für den
       > Preisanstieg sehen sie bei der Politik.
       
   IMG Bild: Günstig Tanken? Eher nicht.
       
       HAMBURG taz | Sigmar Gabriel hat die Debatte über die hohen Benzinpreise am
       Dienstag eine Runde weitergedreht. Die Pendlerpauschale solle nicht erhöht,
       sondern sozial umgestaltet werden, schlug der SPD-Chef vor. „Wer wenig
       verdient, bekommt häufig gar nichts, obwohl ihn die Benzinpreise viel
       härter treffen“, sagte er der Thüringischen Landeszeitung. Forderungen wie
       die des FDP-Chefs Philipp Rösler, die Pauschale anzuheben, seien
       Volksverdummung durch in Not geratene Politiker.
       
       Unterdessen sind die Branchenverbände der Freien Tankstellen, der
       Bundesverband freier Tankstellen (BFT) und der Bundesverband
       mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti), der Idee entgegengetreten,
       die Preise durch staatliche Eingriffe zu dämpfen. Entsprechende Vorschläge
       hatten das Bundeskartellamt, das Land Thüringen sowie einige
       Bundestagsabgeordnete von Union und FDP gemacht. „Gerade wir Freien leben
       vom freien Preis“, sagte BFT-Hauptgeschäftsführer Axel Graf Bülow am
       Dienstag in Hamburg bei der Vorstellung einer Branchenstudie. Modelle wie
       das staatliche Preismonitoring in Westaustralien führten in die
       Planwirtschaft.
       
       Elmar Kühn von Uniti bestritt, dass es Preisabsprachen unter den
       Tankstellen gebe. Dafür sei der Markt viel zu transparent. Schließlich sei
       an jeder Tankstelle in großen Lettern abzulesen, was der Kraftstoff kostet.
       „Unsere Unternehmen sind in einem knallharten Wettbewerb“, versicherte
       Kühn.
       
       Sein Kollege Bülow sagte, die Preise würden auf europäischer Ebene
       gebildet. Die Tankstellen könnten nur versuchen, geschickt einzukaufen.
       Ohne die Energie- und die Mehrwertsteuer habe Deutschland im europäischen
       Vergleich sehr niedrige Spritpreise. „Der Einzige, der am Preis etwas
       machen kann, ist der Finanzminister“, sagte Bülow.
       
       ## Von 46.000 sind 15.000 übrig
       
       Den Zahlen der Verbände nach hat eine drastische Auslese stattgefunden: Von
       46.000 Tankstellen 1970 sind heute nur noch 15.000 übrig. Der Anteil der
       freien Tankstellen hat sich dabei leicht auf 30 Prozent erhöht. Im BFT und
       Uniti haben sich knapp 1.800 davon organisiert. Das größte Netz in
       Deutschland betreibt die BP-Tochter Aral mit 2.400 Tankstellen. Gemessen an
       der Zahl der Einwohner wie der Kraftfahrzeuge hat Deutschland eines der
       weitmaschigsten Tankstellennetze Europas.
       
       Aus Sicht Jochen Vielers von der Einkaufsgesellschaft Freier Tankstellen
       (EFT) liegt das daran, dass es immer schwieriger geworden ist, mit einer
       Tankstelle Geld zu verdienen. „Tankstellen, die bis zum heutigen Tag
       geschlossen worden sind, haben keine Marktberechtigung mehr“, sagt er. An
       gescheiterten Standorten sei es praktisch unmöglich, die Investitionskosten
       von 1,5 bis 2 Millionen Euro für eine Tankstelle hereinzuholen.
       
       Um überhaupt eine akzeptable Rendite zu erwirtschaften, haben sich die
       Tankstellenbetreiber laut der Branchenstudie längst vom Treibstoffverkauf
       als Kerngeschäft verabschiedet. Das Geld machen sie in dem angeschlossenen
       Shop mit seinen ausgedehnten Öffnungszeiten, mit dem Verkauf von Kaffee und
       aufgebackenen Brötchen. Auch im Nebengeschäft ist der Wettbewerb heftig.
       „Mit einer Standard-Waschstraße verdient man nichts mehr“, sagte Thomas
       Morgenstern, der Verfasser der Branchenstudie.
       
       10 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
       ## TAGS
       
   DIR Benzin
       
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