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       # taz.de -- Sänger tritt in Senegals Regierung ein: Youssou N'Dour wird Kulturminister
       
       > Der senegalesische Sänger und Musikunternehmer Youssou N'Dour, wohl der
       > berühmteste lebende Musiker Afrikas, wird Kulturminister seines Landes
       > unter dem neugewählten Präsidenten Macky Sall.
       
   IMG Bild: Singt jetzt am Kabinettstisch: Youssou N'Dour (rechts) mit Senegals neuem Präsidenten Macky Sall.
       
       DAKAR afp/taz | Eigentlich hatte Youssou N'Dour in seiner Heimat Senegal
       das Präsidentenamt angestrebt. Es war eine kleine Sensation, als der
       52-Jährige, einer der bekanntesten Musiker Afrikas, Anfang Januar
       ankündigte, bei den Wahlen gegen den langjährigen Staatschef Abdoulaye Wade
       antreten zu wollen.
       
       Das Verfassungsgericht des Landes aber machte ihm einen Strich durch die
       Rechnung und untersagte seine Kandidatur. Der Sprung in ein Regierungsamt
       ist ihm trotzdem gelungen: Der Wahlsieger und neue Staatschef Macky Sall
       berief N'Dour zum Minister für Kultur und Tourismus.
       
       Dem Paukenschlag der angekündigten Kandidatur war zu Jahresbeginn schnell
       die Ernüchterung gefolgt. Das Verfassungsgericht untersagte eine Kandidatur
       N'Dours mit dem Argument, der Sänger habe nicht genügend gültige Stimmen
       eingesammelt. Der Einspruch N'Dours blieb erfolglos. Aber weil das
       Verfassungsgericht zugleich die umstrittene Kandidatur des 85-jährigen
       Staatschefs Wade für eine dritte Amtszeit billigte, kam es in Senegal zu
       heftigen Protesten.
       
       N'Dour setzte sich an die Spitze der Protestbewegung, immer wieder nahm er
       an Demonstrationen teil, gegen die die Sicherheitskräfte mit aller Härte
       vorgingen. Im Februar wurde er bei einer Demonstration in der Hauptstadt
       Dakar leicht an einem Bein verletzt.
       
       Als der Oppositionspolitiker und Ex-Regierungschef Sall beim ersten
       Wahlgang Ende Februar hinter Wade zweiter wurde und den amtierenden
       Staatschef in die Stichwahl zwang, stellte sich N'Dour wie auch alle
       unterlegenen Kandidaten hinter Sall und betrieb Wahlkampf für den neuen
       Hoffnungsträger. Sall feierte bei der Stichwahl am 25. März einen
       triumphalen Sieg über Wade und gewann 65 Prozent der Stimmen – die Ära Wade
       war beendet, und N'Dour hatte seinen Teil dazu beigetragen.
       
       ## Mbalax und "Super Étoile"
       
       Zu Berühmtheit aber war N'Dour nicht mit politischen Parolen gekommen -
       sondern mit seiner Musik. Mit einer Mischung aus dem westafrikanischen
       Mbalax-Musikstil und Samba, Hip-Hop, Jazz und Soul hat der Weltmusikstar in
       den vergangenen drei Jahrzehnten Musik-Fans in aller Welt begeistert und
       Konzerthallen gefüllt. In einfachen Verhältnissen in Dakar geboren, stieß
       er schon als Jugendlicher zur damals beliebtesten Band des Landes, der Star
       Band.
       
       In den 80ern gründete N'Dour die Gruppe The Super Etoile, mit der er
       Weltruhm erlangte. Im Verlauf seiner Karriere sang der Grammy-Gewinner
       gemeinsam mit Peter Gabriel, Sting, Paul Simon und Bruce Springsteen, am
       bekanntesten dürfte aber der Ohrwurm "7 Seconds" sein, den er gemeinsam mit
       der Sängerin Neneh Cherry aufnahm.
       
       Früh schon engagierte sich N'Dour auch für soziale und politische Projekte.
       1985 organisierte er ein Konzert für die Freilassung des vom
       südafrikanischen Apartheid-Regime inhaftierten Nelson Mandela. Er ist
       Botschafter des UN-Kinderhilfswerks UNICEF und setzt sich in seiner
       westafrikanischen Heimat für den Kampf gegen Malaria ein, unter anderem mit
       einem eigens komponierten Lied, das Wissen über die Krankheit vermitteln
       soll.
       
       ## "Ich mische mich ein"
       
       Doch auch seine Präsidentschaftskandidatur kam nicht aus dem Nichts. So
       hatte er im Jahr 2010 eine politische Bewegung gegründet, die in der
       Wolof-Sprache "Fekke ma ci bolle" (etwa: Ich mische mich ein) heißt. Und
       seine Mediengruppe Future Medias hatte in der Vergangenheit immer wieder
       kritisch über Wade berichtet.
       
       N'Dour hatte schon bei der Ankündigung seiner Kandidatur eingeräumt, nicht
       dem verbreiteten Ideal eines Politikers zu entsprechen: "Ich habe keine
       höheren Studien genossen", sagte er. Das sei aber kein Manko: "Ich habe an
       der Schule der Welt gelernt. Reisen bildet genauso wie Bücher." Als
       Kulturminister wird er vermutlich weiter um die Welt reisen können - in der
       gewohnten Rolle als Botschafter der reichen Kultur seines Landes und des
       gesamten afrikanischen Kontinents.
       
       Offen bleibt, ob er seine Musikerkarriere nun an den Nagel hält. Und auch
       die Leitung der von ihm gegründeten Unternehmen, mit denen er ein
       Musikstudio, eine Zeitung und einen TV-Sender ins Leben rief, wird Youssou
       N'Dour vermutlich abgeben müssen. Jedenfalls hatte er vor den Wahlen immer
       wieder betont, Politik und Geschäft seien unvereinbar.
       
       Am vergangenen Montag trat Youssou N'Dour vor Tausenden jubelnden Anhängern
       auf dem Obelisk-Platz in Dakar auf, ein Konzert zur Amtseinführung des
       neuen Präsidenten Sall gemeinsam mit Rappern und diversen senegalesischen
       Bands. Es wird sein vorerst letzter Konzertauftritt gewesen sein.
       
       6 Apr 2012
       
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