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       # taz.de -- Piratenpartei im Inhaltecheck: „Wir sind keine Umweltpartei“
       
       > In Sachen Energie und Naturschutz ist die Beschlusslage der Piraten noch
       > sehr dünn, vier Absätze umfasst das Grundsatzprogramm. Mancher
       > Landesverband ist da schon weiter.
       
   IMG Bild: Hauptsache der Computer läuft. Woher der Strom kommt, ist egal.
       
       BERLIN taz | Es ist nicht so, dass sich bei den Piraten niemand für
       umweltpolitische Themen interessieren würde. Auf dem Bundesparteitag im
       vergangenen Dezember beispielsweise gab es zwei Dutzend Anträge von
       verschiedenen Mitgliedern, die sich mit Umweltthemen befassten.
       
       Das Spektrum reichte von der Forderung nach einer Ökosteuer auf Kerosin bis
       hin zur Ablehnung der unterirdischen Speicherung von CO2. Ein paar der
       Anträge schafften es unter die Top 40, verabschiedet wurde aber kein
       einziger, nicht einmal debattiert. Verschoben, zu wenig Zeit, andere Themen
       erschienen den Mitgliedern dringender.
       
       „Wir sind nun mal eine Bürgerrechtspartei und keine Umweltpartei“, sagt
       Guido Körber von der AG Umwelt der Piraten. Dadurch, dass die Partei zu
       vielen Themen überhaupt erst mal eine grundsätzliche Position finden müsse,
       gebe es auf Parteitagen immer mehr zu tun, als schaffbar wäre – und die
       Umwelt sei bislang eben hinten runtergefallen. So lief es auch im Dezember:
       865 Seiten mit Anträgen hatten die Mitglieder zusammengestellt, geschafft
       haben sie am Ende nicht einmal die Hälfte.
       
       Dementsprechend dünn sieht es im Grundsatzprogramm in Sachen Umwelt aus:
       Knappe vier Absätze widmen die Piraten dem Thema. Dort stehen Sätze wie:
       „Die Piratenpartei steht für Nachhaltigkeit.“ „Wir wollen eine gesunde und
       natürliche Umwelt erhalten.“ Oder, im dritten Absatz: „Wir wollen einen
       verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen.“
       
       ## Positionen jenseits des Grundsatzprogramms
       
       Konkrete Ziele wie etwa einen Zeitpunkt für den Ausstieg aus der
       Kohleenergie oder eine Reduktion der Treibhausgase fehlen. Ebenso eine
       Positionierung zu umstrittenen Themen wie der Gentechnik. Zur
       Bildungspolitik fiel den Piraten etwa viermal so viel ein, zur
       Geschlechter- und Familienpolitik immer noch dreimal so viel.
       
       Dabei gibt es jenseits des inhaltlich wenig konkreten Grundsatzprogramms
       bereits einzelne Positionen. Zum Beispiel wollen die Piraten, dass Gorleben
       als Standort für die Endlagerung von Atommüll aufgegeben wird. Sie haben
       schon Demonstrationen gegen die Atomenergie und gegen Massentierhaltung
       unterstützt und einen Entwurf der EU zu Biokraftstoffen kritisiert, weil er
       die Wälder zu wenig schützen würde. „Diese Themen sind durchaus vom
       Grundsatzprogramm gedeckt“, sagt Körber. Gorleben habe mit Nachhaltigkeit
       nichts mehr zu tun und mit einer gesunden Umwelt auch nichts.
       
       Am eiligsten ist seiner Ansicht nach die Suche einer Position zur
       Energiepolitik: „Da haben wir einen riesigen Brocken, den wir dringend
       bearbeiten müssen.“ Dabei gehe es darum, auch vermeintliche Seitenaspekte
       der Energieversorgung zu beachten – etwa den Schadstoffausstoß bei der
       Verbrennung von Kohle, eventuelle Folgen für die menschliche Gesundheit und
       damit Kosten für das Gesundheitssystem.
       
       ## Unterschiedliche Gewichtung
       
       ## 
       
       Die Bundesländer legen indes unterschiedlich viel Gewicht auf das Thema.
       Während bei den Piraten in Berlin die Forderung nach einer Abschaltung von
       Atomkraftwerken einer umweltpolitischen Position noch am nächsten kam,
       haben die Piraten für die anstehende Wahl in Schleswig-Holstein
       detailliertere Vorstellungen.
       
       Die Kieler wollen das Klagerecht für Umweltverbände einführen, Biotope
       verbinden und die Lichtemissionen senken. Sie sind gegen Gentechnik und die
       unterirdische Speicherung von CO2. Auch die Brandenburger Piraten haben
       einige umweltpolitische Ziele in ihr Grundsatzprogramm aufgenommen, wie
       eine Stärkung dezentraler, kommunaler Energieunternehmen.
       
       Bis auch bundesweit mehr im Parteiprogramm steht als ein paar Sätze, wird
       es wohl noch eine Weile dauern. Auf dem Parteitag Ende April jedenfalls
       müsse man schon „großes Glück“ haben, wenn man dazu komme, einen
       Umwelt-Antrag zu debattieren, sagt Körber. Voraussichtlich wird es vor
       allem um Satzungsänderungsanträge und Personalfragen gehen.
       
       3 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
       
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