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       # taz.de -- Finale der Tischtennis-Weltmeisterschaft: Boll ohne Chance gegen Bären
       
       > Deutschlands Traum vom WM-Sieg wird nicht wahr. China schlägt im Finale
       > von Dortmund die Gastgeber mit 3:0 und erweist sich erneut als
       > übermächtig.
       
   IMG Bild: Frustrierendes Finale: Selbst Timo Boll (links) konnte sein Spiel im Finale der Team-WM im Tischtennis nicht gewinnen.
       
       DORTMUND taz | Die deutschen Tischtennisspieler gelten als die „Chinesen
       Europas“. Beim gestrigen Traumfinale der WM in Dortmund zeigte sich aber
       erneut, dass das weltweite Original besser ist als die Kopie vom alten
       Kontinent.
       
       Das bis zum Endspiel herausragende Team von Bundestrainer Jörg Roßkopf
       unterlag gegen den Titelverteidiger 0:3 und bleibt trotz der goldenen
       Ansprüche vorerst die auf die Vizeweltmeisterschaft abonnierte silberne
       Generation. „Die Chinesen sind schon bärenstark“, musste der deutsche
       Spitzenspieler Timo Boll anschließend zugeben.
       
       Bereits das erste Einzel beendete den Glauben an einen gelungenen
       Aprilscherz. Boll unterlag Zhang Jike in den ersten Sätzen mit 10:12, 6:11.
       Selbst ein 7:4 wendete sich in ein 7:9 – scheinbar. Doch der
       Einzelweltmeister zeigte den Netzaufschlag sofort an, und die
       Schiedsrichter nahmen den Punkt zurück.
       
       Boll holte sich so den Satz mit 11:8. „Timo, Timo“, hallte es durch die mit
       11.500 Zuschauern ausverkaufte Westfalenhalle – und der nach vorne
       Gepeitschte wurde immer stärker und brillierte bis zur 10:6-Führung. Aber
       der Weltranglistenzweite zeigte sich unbeeindruckt und glich aus. Boll
       behielt indes die Nerven und schaffte mit dem 12:10 den 2:2-Satzausgleich.
       
       ## Vorentscheidung durch Bolls Niederlage
       
       „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, sangen die begeisterten Fans die Hymne der
       WM mit. Zhang sorgte dafür, dass das Wann weiter in die Zukunft verschoben
       wurde. Er zog Boll den Zahn durch eine 6:0-Führung und brachte diese mit
       11:6 nach Hause.
       
       Die Vorentscheidung im Endspiel. „Timo hat ein sehr gutes Spiel gemacht“,
       lobte Steffen Fetzner, der vor 23 Jahren an selber Stätte Doppelweltmeister
       mit Jörg Roßkopf geworden war und einen Tischtennis-Boom ausgelöst hatte,
       dennoch.
       
       Die letzte Hoffnung erstarb, als Dimitrij Ovtcharov im zweiten Satz seines
       Einzels selbst eine 9:4-Führung nicht nutzen konnte und den Durchgang wie
       auch den nächsten nach Abwehr von drei Matchbällen dem Weltranglistenersten
       Ma Long überlassen musste.
       
       Das Duell zwischen dem Düsseldorfer Vizeeuropameister Patrick Baum und Wang
       Hao, Einzelweltmeister von 2009, auf Position drei galt von vornherein als
       aussichtslos. Dank einer couragierten Leistung gewann der Düsseldorfer
       immerhin den ersten Durchgang mit 11:8, verlor aber dann doch klar mit 1:3
       Sätzen.
       
       Das Publikum feierte seine Lieblinge dennoch mit Standing Ovations. Die
       laut Roßkopf „beste deutsche Nationalmannschaft aller Zeiten“ war
       schließlich bis zum Endspiel im Stile der Pingpong-Supermacht durch das
       Feld gepflügt. In den ersten sechs Duellen deklassierte das Quintett jeden
       Herausforderer mit 3:0. „Das hatte chinesische Dimensionen“, unterstrich
       Dirk Schimmelpfennig, Sportdirektor des Deutschen Tischtennis-Bundes
       (DTTB).
       
       ## Prall gefüllter Hexenkessel
       
       Selbst im Halbfinale hatte Japan nichts zu bestellen. Im schon am Samstag
       prall gefüllten Hexenkessel lief Ovtcharov als Erster heiß. Die Fans
       feierten seinen „ersten Sieg seit langem“ über den Weltranglistenachten Jun
       Mizutani überschwänglich.
       
       Nach dem begeisternden Match erhöhte Rekord-Europameister Boll mühelos
       gegen Koki Niwa auf 2:0. Baum zog danach zwar gegen Seiya Kishikawa mit 1:3
       den Kürzeren – aber dann war wieder Boll dran und sicherte gegen Mizutani
       den Halbfinalsieg.
       
       Die deutschen Frauen hatten am Freitagabend den ersten Weltmeister-Sturz
       knapp verpasst: Im Viertelfinale gewannen sie gegen Singapur elf der 20
       Sätze – doch nach dreieinhalb Stunden hieß es 3:2 für den Favoriten, der am
       Sonnatg das Finale gegen China mit 3:0 verlor. Beim ersten Spiel um die
       Platzierungen fünf bis acht unterlag die DTTB-Auswahl wie schon in der
       Vorrunde Japan mit 0:3. Zum Abschluss gelang ein 3:1 über Polen.
       
       ## Tischtennis-Frauen erreichen Platz sieben
       
       Platz sieben und die Leistung gegen Singapur bewertete Schimmelpfennig noch
       höher als WM-Bronze 2010. „Im dritten Spiel bei Kristin Silbereisen fehlten
       nur zwei Punkte“, trauerte der DTTB-Sportdirektor dem 12:12 im fünften Satz
       nach 2:0-Mannschaftsführung hinterher, lobte aber dessen ungeachtet die
       „beste Leistung unserer Damen seit Jahren“.
       
       Die bekamen auch die Herren attestiert. „Die Chinesen sind alle
       Ausnahmespieler. Jeder von ihnen ist irgendwie der Beste“, betonte
       Ovtcharov. Der Weltranglistenzehnte kündigte nichtsdestotrotz den nächsten
       Angriff auf die chinesische Mauer für die Olympische Spiele in London an.
       
       1 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hartmut Metz
       
       ## TAGS
       
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