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       # taz.de -- FDP-Generalsekretär über Schlecker: „Shampoomangel wird es nicht geben“
       
       > FDP-Generalsekretär Patrick Döring verteidigt das Nein seiner Partei zu
       > einer Auffanggesellschaft für Schlecker-Beschäftigte. Lehren für die
       > Politik seien auch nicht nötig.
       
   IMG Bild: Der Lack ist ab bei Schlecker.
       
       taz: Herr Döring, am Donnerstag hat Ihr Parteichef und
       FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler 10.000 Schlecker-Mitarbeiterinnen
       geraten, sich eine „Anschlussverwendung“ zu suchen. Ist es das, was die FDP
       unter „Freiheit in Verantwortung“ versteht? 
       
       Patrick Döring: Eine Transfergesellschaft ist doch kein Allheilmittel.
       Schlecker ist eine dezentrale Organisation mit vielen tausend Filialen und
       wenigen Arbeitern pro Filiale. Das ist nicht vergleichbar mit Insolvenzen
       von großen Industrieunternehmen, wo auf einen Schlag Zehntausende Menschen
       an einem Ort arbeitslos werden. Gleichzeitig haben wir 25.000 offene
       Stellen im Einzelhandel.
       
       Sie verlangen, dass Schlecker-Leute aus Emden nach Berlin ziehen, etwa
       einen schlecht bezahlten Teilzeitjob annehmen? 
       
       Gerade wegen der Dezentralität ist es wahrscheinlich, dass der regionale
       Arbeitsmarkt die Mitarbeiter aufnehmen kann. Im letzten Jahr sind 30.000
       Unternehmen in die Insolvenz gegangen. Für keines dieser Unternehmen hat
       etwa die SPD eine Transfergesellschaft gefordert. Hier wollen sich SPD und
       Grüne profilieren – zulasten des Steuerzahlers.
       
       Wollen Sie sich als herzlose Partei profilieren? 
       
       Wir halten am Prinzip der sozialen Marktwirtschaft fest. Es ist nicht
       sinnvoll, Steuergeld in das Unternehmen zu pumpen. Ver.di-Chef Frank
       Bsirske hat vor einem Jahr noch auf jeder Versammlung die Menschen
       aufgefordert, Schlecker zu boykottieren. Er begründete das damit, dass das
       Unternehmen unter Tarif bezahle und schlechte Arbeitsbedingungen biete.
       Letztendlich hat auch diese Kampagne zu der Pleite geführt.
       
       Welche Lehren muss die Politik aus dem Schlecker-Fall ziehen? 
       
       Keine. Es kommt ja wohl kaum zu einer Mangelversorgung mit Zahnpasta und
       Shampoo in Deutschland. Es gibt andere leistungsfähige mittelständische
       Wettbewerber, die die Versorgung der Bevölkerung mit Drogerieartikeln
       aufrechterhalten. Schlechtes Sortiment, schlechtes Klima, zu kleine Läden:
       Der Kunde hat sich attraktivere Läden gesucht.
       
       Welche Chancen sehen Sie für die noch verbleibenden Schlecker-Filialen? 
       
       Der Insolvenzverwalter hat gesagt, er sei für die Transfergesellschaft,
       weil es leichter wäre, den Konzern zu veräußern, wenn es nicht zu den
       vielen Kündigungsschutzklagen käme. Das glaube ich nicht. Sicher müssen
       viele Filialen schließen, aber für den verbleibenden Teil wird es
       Absatzchancen geben. Es wird sich jemand finden, der die übernimmt, dann
       investiert und die Attraktivität erhöht.
       
       Aber mal ehrlich, war das Wort „Anschlussverwendung“ in Zeiten von Wahlen
       gut gewählt? 
       
       Jeder äußert sich auf seine Weise. Das kommt vielleicht von der
       Bundeswehrvergangenheit von Rösler, dort wird der Begriff meines Wissens
       verwandt, wenn jemand eine neue Aufgabe erhält.
       
       Ihr Satz, das Piratenbild sei von der „Tyrannei der Masse“ geprägt, war
       auch nicht glücklich. 
       
       Ich bleibe dabei: Dieser Grundgedanke, dass der Schwarm immer recht hat,
       stimmt nicht. Sie würden in Deutschland einen großen Schwarm bekommen, der
       die Todesstrafe befürworten würde. Da würden alle demokratischen Parteien
       in Deutschland nicht mitmachen, weil zu einer Demokratie auch der Schutz
       von Minderheiten und abweichenden Meinungen gehört.
       
       Was setzen Sie denn den Piraten entgegen, die sich selbst als neue Liberale
       bezeichnen? 
       
       Erstens müssen auf der technischen Mitbestimmungsseite alle Parteien
       Antworten geben. Zweitens müssen wir uns mit dem nur partiell vorhandenen
       Piratenprogramm auseinandersetzen. Freifahrten im Nahverkehr,
       bedingungsloses Grundeinkommen, das spricht nicht für liberalen Geist, das
       ist links konnotiert.
       
       Sie kämpfen nicht nur mit den Piraten, sondern auch mit dem
       Koalitionspartner im Bund. Eurorettung, Frauenquote,
       Vorratsdatenspeicherung – es hakt. Wie lang hält Schwarz-Gelb? 
       
       Ich erkenne keinen Haken. Die Frauenquote ist kein Projekt der Koalition.
       Wir erleben doch gerade die Entstehung von zwei Supergouvernanten im
       Kabinett, Frau von der Leyen will eine Frauenquote einführen, Frau Aigner
       XXL-Packungen verbieten. Wenn dass das neue Unionsbild ist, wenn CDU/CSU
       mit diesen Forderungen Wahlkampf machen, dann ist für die FDP viel Platz.
       Mit der Bundesregierung hat das aber nichts zu tun.
       
       30 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR H. Gersmann
   DIR A. Maier
       
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