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       # taz.de -- Hauptursache für umweltbedingte Todesfälle: Dreimal mehr Tote durch Feinstaub
       
       > Die OECD prognostiziert einen drastischen Anstieg der durch Feinstaub
       > hervorgerufenen Todesfälle. Umweltschützer fordern die Aufhebung der
       > zahlreichen Ausnahmegenehmigungen.
       
   IMG Bild: Feinstaub: aus dem Auspuff in die Lunge.
       
       BERLIN taz | Die Luftverschmutzung durch Feinstaub wird im Jahr 2050 die
       Hauptursache für umweltbedingte Todesfälle sein. Das prognostiziert die
       Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in
       ihrem aktuellen Umweltbericht. Demnach wird die Zahl der Todesfälle
       weltweit auf 3,6 Millionen jährlich ansteigen - das wäre im Vergleich zum
       Jahr 2000 eine Verdreifachung.
       
       Schon jetzt ist Feinstaub ein Problem: acht Prozent der durch Lungenkrebs
       bedingten Todesfälle werden auf Feinstaub zurückgeführt, nur zwei Prozent
       der Weltbevölkerung lebten in Regionen mit akzeptablen Feinstaubwerten. Die
       kleinen und kleinsten Partikel dringen tiefer in die Atemwege ein als
       größere, ultrafeine Partikel gelangen sogar in die Blutbahn.
       
       Die OECD weist darauf hin, dass die Folgen für Kinder noch gravierender
       sein können, da Kinder im Vergleich zu ihrer Körpergröße mehr Luft einatmen
       - außerdem würden sie mehr Zeit im Freien verbringen.
       
       Die von der OECD vorhergesagte Größenordnung sei durchaus realistisch, sagt
       Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. „Die
       Feinstaubraten werden gerade im asiatischen Raum explodieren.“ Damit steige
       die Zahl der Todesfälle. Die OECD sagt vor allem für China und Indien eine
       deutlich höhere Belastung vorher - durch eine wachsende Bevölkerung und
       zunehmenden Verkehr.
       
       Auch in Deutschland sind die Feinstaubwerte zu hoch: Für das vergangene
       Jahr maß das Umweltbundesamt an 42 Prozent der verkehrsnahen Stationen mehr
       Feinstaub als zulässig. Beim Stickstoffdioxid lagen 57 Prozent der
       städtisch verkehrsnahen Stationen über dem erlaubten Jahresmittelwert. Die
       Deutsche Umwelthilfe deckte jüngst auf, dass die gegen den Feinstaub
       eingeführten Umweltzonen kaum kontrolliert werden: Nur in vier Städten gebe
       es ausreichende Kontrollen.
       
       ## Großes Einsparpotential
       
       „Die Verbesserungen, die es durch eine Erneuerung des Fahrzeugbestandes und
       den Einbau von Filtern gab, wurden teilweise zunichtegemacht durch mehr
       Fahrten und mehr Dieselfahrzeuge“, sagt Resch. Er fordert ein Ende der
       Ausnahmen: Bei Bussen, Binnenschiffen, mit Diesel betriebenen Zügen und bei
       Baufahrzeugen und -maschinen gebe es noch ein großes Potenzial, den
       Feinstaub zu reduzieren.
       
       „Die jetzige Feinstaubbelastung führt im Schnitt zu einer Verringerung der
       Lebenserwartung um acht Monate“, sagt Marion Wichmann-Fiebig,
       Abteilungsleiterin Luft beim Umweltbundesamt. Einerseits beim Verkehr
       anzusetzen sei richtig, andererseits müsse man aber auch andere Sektoren
       ins Visier nehmen - wie etwa die Landwirtschaft. Hier führten intensive
       Bewirtschaftung von Flächen und Massentierhaltung zu Feinstaub.
       
       Um die Zahl der Todesfälle weltweit zu verringern, müsste die
       Luftverschmutzung laut der Studie drastisch zurückgehen. Selbst 25 Prozent
       weniger würde die Zahlen nur wenig senken, weil die Verschmutzung in vielen
       Regionen so hoch sein werde, dass sie auch nach einer Senkung um 25 Prozent
       weit jenseits der Grenzwerte liege.
       
       26 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
   DIR Luftverschmutzung
   DIR Singapur
       
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