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       # taz.de -- Mozilla akzeptiert unfreien Video-Standard: Webvideos bleiben verschlossen
       
       > Eigentlich wollte die Mozilla Foundation eine offene Abspieltechnik für
       > Videos im Netz durchsetzen. Doch ohne Unterstützung kommt die Stiftung
       > nicht gegen Apple an.
       
   IMG Bild: Youtube-Video: Frei abspielbar, aber wie frei ist die Abspieltechnik?
       
       KÖLN taz | Eigentlich klingt es wie eine gute Nachricht: Der
       Open-Source-Browser Firefox wird in Zukunft auch das Videoformat H.264
       unterstützen. Damit ist es möglich, in Zukunft ohne Hilfe des Flash-Players
       oder irgendeinem anderen Abspiel-Programm im Browser mehr hochqualitative
       Webvideos zu sehen.
       
       Doch die neue Funktion ist für die Entwickler der Mozilla Foundation eine
       bittere Pille. „Eine Schlacht zu verlieren ist eine bittere Erfahrung“,
       schreibt zum Beispiel Brendan Eich, als Technikchef der Stiftung unter
       anderem verantwortlich für die Weiterentwicklung des beliebten Browsers
       Firefox. Denn die Abkürzung H.264 heißt für ihn mehr als nur eine
       Abspieltechnik für Videos. Es ist ein Symbol für die Unfreiheit im Netz.
       
       Die Kernmission der Mozilla-Foundation ist es nicht nur, die eigenen
       Programme wie den Browser Firefox und das E-Mail-Programm
       weiterzuentwickeln und zu verbreiten. „Wir haben keine andere Agenda, als
       den Nutzern mehr Kontrolle zu geben“, sagt Mozilla-Chefin Mitchell Baker.
       Das heißt vor allem: Die Stiftung will offene Standards fördern. Nur das
       gibt Entwicklern die Möglichkeit, die Daten im Netz auf immer neue Weise zu
       nutzen und somit dem Nutzer mehr Kontrolle über das Netz zu gewinnen.
       Gleichzeitig erleichtern offene Standards die Produktion von Inhalten sehr.
       
       In wenigen Jahren hat Firefox einen Marktanteil von über 30 Prozent
       weltweit erobert, in manchen Ländern wie Deutschland ist Firefox gar der
       meist genutzte Browser. Von dem Erfolg angespornt, wollte sich die
       gemeinnützige Stiftung weitere Bereiche erobern und somit befreien. Eine
       der Prioritäten: Mobiltelefone. Die andere Priorität: Video.
       
       ## Video-Technik als Gelddruckmaschine
       
       Der Videomarkt ist wenigen kommerziellen Herstellern geprägt, die ihre
       Kerntechniken eifersüchtig beschützen. Wichtigster Part sind die Codecs,
       die im Wesentlichen festlegen, auf welche Weise die Videodaten komprimiert
       und abgespeichert werden. Tausende Patente sind auf jeden einzelnen Aspekt
       dieser Codecs angemeldet, die von Industriekonsortien verwaltet werden.
       
       Für den Nutzer sind die Codecs meist kostenlos. Wer jedoch Videos erstellen
       oder veröffentlichen will, muss Lizenzgebühren zahlen, sei es in Form von
       Provisionen pro abgespieltem Video, sei es in Form von teuren Programmen
       zum Bearbeiten von Videos. Der Hunger der Internetnutzer nach bewegten
       Bildern machen die Lizenzen zu Gelddruckmaschinen.
       
       Als Mozilla den Kampf um das Webvideo begann, standen die Zeichen gar nicht
       schlecht. Adobe hatte mit dem Flash-Plugin die Verbreitung von Webvideos
       über Jahre kontrolliert. Doch Apple-Chef Steve Jobs beendete den Höhenflug
       von Flash-Videos mit seiner Weigerung das Programm auf dem iPhone oder dem
       iPad zuzulassen.
       
       „Wir haben Adobe immer wieder gebeten uns eine Flash-Version zu zeigen, die
       auf irgendeinem mobilen Gerät zufriedenstellend läuft. Wir haben sie nie
       gesehen“, schrieb Jobs in einem offenen Brief. Gleichzeitig warb Jobs für
       die Alternative H.264, ein proprietäres Format, das von Beginn an in die
       iPhones und iPads eingebaut wurde.
       
       Mozilla setzte stattdessen auf offene Codecs, die von jederman kostenlos
       verwendet werden können. Unerwartete Unterstützung erhielt die Initiative
       von Google, mit Youtube einer der größten Anbieter von Webvideos im
       Internet. 2010 veröffentlichte der Konzern einen offenen Video-Codec, der
       in Konkurrenz zu H.264 stehen sollte und der Definition eines freien Codecs
       nach der Mozilla Foundation ziemlich nahe kam.
       
       ## Von Verbündeten verlassen
       
       Doch Google verlor anscheinend das Interesse an der Technik. Nicht mal
       YouTube bietet alle Videos in dem Alternativformat an, wie Brendan Eich in
       seinem Blog hervorhebt. Auch das Versprechen, H.264 aus seinem Browser
       Chrome zu entfernen, hat Google laut Brendan nicht erfüllt. Wer Videos im
       Netz anbieten will, hat also wenig Alternativen.
       
       Mit H.264 kommen immer mehr Browser und Geräte zurecht, die freien
       Alternativen sind jedoch zum Beispiel vom iPad ausgeschlossen. Für
       Anbieter, die Geld verdienen wollen, fällt die Entscheidung daher leicht,
       welche Technik sie einsetzen wollen: H.264 ist auf der Siegerstraße.
       
       Mozilla konnte es sich nicht länger leisten, die Technik aus ihrem Browser
       herauszuhalten. „Es ist an der Zeit, dass wir uns darauf konzentrieren,
       Produkte auszuliefern, die die Menschen schon heute lieben können“,
       schreibt Mitchell Baker. An der Durchsetzung freier Codecs will die
       Stiftung aber weiter arbeiten. „Unser erster Versuch endete im Mobilbereich
       in einer Sackgasse, aber wir sind noch nicht fertig.“
       
       25 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Torsten Kleinz
       
       ## TAGS
       
   DIR Firefox
   DIR Mozilla Foundation
       
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