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       # taz.de -- Auffanggesellschaft für Schlecker-Arbeiter: Retter suchen nach Plan B
       
       > Die Länder können sich noch immer nicht auf eine Auffanggesellschaft
       > einigen. Jetzt sucht der Insolvenzverwalter nach alternativen
       > Finanzierungen. Denn die Zeit drängt.
       
   IMG Bild: Um die Zukunft der entlassenen Schlecker-Belegschaft wird heftig gerungen.
       
       EHINGEN dapd | Bei der Finanzierung von Schlecker-Auffanggesellschaften
       laufen die Arbeiten an einem Plan B. Der vorläufige Insolvenzverwalter
       Arndt Geiwitz prüfe Kredite von Geschäftsbanken oder Fonds, sagte
       ver.di-Verhandlungsleiter Bernhard Franke am Freitag. „Er versucht alles
       parallel zum politischen Prozess“, sagte Franke weiter. Nachdem sich die
       Länder erneut nicht auf Schlecker-Hilfen einigen konnten, wächst der Druck
       auf Geiwitz.
       
       Die Lösung über Banken und Fonds hat einen großen Haken: „Den Kredit muss
       er aber auch absichern, und das kostet ziemliche Wucherzinsen“, sagte
       Franke. Am unkompliziertesten wäre eine politische Lösung.
       
       Nur scheint die doch komplizierter zu sein, als zunächst von Geiwitz und
       ver.di erhofft. Die Vertreter der 16 Bundesländer konnten sich am
       Donnerstag in Berlin nicht auf einen endgültigen Finanzierungsplan für
       einen KfW-Kredit über rund 70 Millionen Euro einigen. Laut der
       ver.di-Landesbezirksleiterin Leni Breymeier scheiterte ein Kompromiss vor
       allem an den Ländern Hessen, Sachsen und Niedersachsen, in denen die FDP
       das Wirtschaftsministerium leitet.
       
       ## Hessen wartet aufs Gutachten
       
       Das Land Hessen will vor finanziellen Zusagen zunächst ein Gutachten einer
       Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abwarten, das am kommenden Montag vorliegen
       soll. Thüringen hat sich zumindest grundsätzlich zu Hilfen bereiterklärt,
       knüpft seine Zusage jedoch an mehrere Bedingungen, unter anderem die, dass
       sich alle Länder beteiligen. Gleiches gilt für Schleswig-Holstein.
       
       Einen möglichen Ausweg hatte der baden-württembergische Wirtschaftsminister
       Nils Schmid (SPD) angeboten. Er sagte, sein Land prüfe, „in Vorleistung für
       die anderen zu gehen und die Risikofreihaltung zu übernehmen“, die über
       Rückbürgschaften der Länder abgesichert werden soll. Zugleich stellte er
       klar: „Wir können keinen Blanko-Scheck über 70 Millionen Euro ausstellen,
       dazu brauchen wir einen Landtagsbeschluss.“
       
       Die Zeit drängt allerdings, weil die 11.200 betroffenen Mitarbeiter noch
       vor dem Eingang des offiziellen Kündigungsschreibens bis Ende des Monats in
       eine Auffanggesellschaft gewechselt sein müssen. Danach sei das nicht mehr
       möglich, sagte Franke. Dann würden die gekündigten Mitarbeiter von der
       Bundesagentur für Arbeit betreut und dem Unternehmen drohten zahlreiche
       Kündigungsschutzklagen. Das würde es wiederum unattraktiv für mögliche
       Investoren machen. Deswegen wurden die betroffenen Mitarbeiter am
       Donnerstag bereits von Trägern über die Auffanggesellschaften informiert.
       
       ## 80 Prozent des Nettolohns
       
       In einer Auffanggesellschaft werden die Beschäftigten betreut und
       gegebenenfalls weiterqualifiziert. Dafür erhalten sie laut Franke 80
       Prozent ihres Nettolohnes. 60 Prozent übernehme die Bundesagentur für
       Arbeit, 20 Prozent zahle Schlecker.
       
       Franke wies zwei andere Lösungsvorschläge scharf zurück. So sei der
       Vorschlag, eine Abfindung zu nehmen und sich von der Arbeitsagentur
       betreuen zu lassen, „Quatsch“, sagte er. „Wie viel Abfindung es gibt und
       wann es sie gibt, kann im Moment niemand sagen.“
       
       Auch Forderungen, die Familie Schlecker zahlen zu lassen, seien nicht
       realistisch. „Anton Schlecker hat gar nichts mehr“, sagte Franke. Als
       eingetragener Kaufmann ist er selbst durch die Firmenpleite insolvent.
       Seine Kinder hätten zwar noch Vermögen, aber auch Forderungen in
       dreistelliger Millionenhöhe gegen den Vater.
       
       23 Mar 2012
       
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