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       # taz.de -- Pleite eines Familienimperiums: Wie die Schleckers sich ruinierten
       
       > Ein knausriger Metzger aus Schwaben errichtet ein Drogerie-Reich der
       > absoluten Kontrolle. Als alles implodiert, müssen die Kinder ran. Ihr
       > Mathelehrer wundert sich.
       
   IMG Bild: Eine Familienmontage aus besseren Tagen: Lars, Anton, Christa und Meike Schlecker.
       
       Der Insolvenzverwalter schreitet zur Tat: An diesem Wochenende schließt die
       Hälfte aller Schlecker-Filialen. Bereits am Dienstag haben mehr als 11.200
       Mitarbeiter die Kündigung erhalten. Der Staat soll mit 71 Millionen für
       eine Auffanggesellschaft einspringen, um die Entlassenen zu qualifizieren
       und zu vermitteln. Die Länder ringen gerade um die Details. Welches Land
       kann und will wie dafür bürgen? FDP-Leute äußern sich kritisch und sagen,
       eine Firma müsse auch mal pleite gehen.
       
       Für die ruinierte Drogeriemarktkette wird ein Investor gesucht. Ende März
       soll das Insolvenzverfahren beginnen.
       
       Es ist eine historische Insolvenz. Sie steht für den totalen
       Kontrollverlust des Familienoberhaupts Anton Schlecker. Eines Mannes aus
       einfachen Verhältnissen, der sich hochgearbeitet hat zum Milliardär und der
       die Dinge immer im Griff behalten wollte. Zuletzt schickt er Ende Januar
       seine Tochter Meike vor, damit sie auf der ersten Pressekonferenz, die es
       von Schlecker seit 20 Jahren gibt, den Verlust des Familienreichtums
       verkündet: „Es ist nichts mehr da“.
       
       Das Geld ist also weg. Und ein System, das auf gnadenloses Wachstum
       ausgerichtet ist, am Ende.
       
       ## Schwäbische Sparsamkeit und Blutwurstkannen
       
       In Anton Schleckers Heimatort Ehingen erzählen die Leute, dass er früher in
       der Metzgerei seines Vaters putzen musste und die Blutkannen für die
       Blutwurst durchrühren, wenn man sich dort umhört und den grauen Turm des
       Firmenhauptsitzes von außen betrachtet. Die Schleckers haben sich immer
       abgeschirmt - wie die Männer hinter Lidl oder Aldi.
       
       Der gelernte Metzgermeister Anton Schlecker folgte beim Aufbau seines
       Drogeriemarkt-Imperiums stets dem alten Gebot der schwäbischen Hausfrau:
       Sparsamkeit. Im Laufe der Achtziger errichtet er so ein Filialnetz. Seine
       Filialen sind oft klein und in schlechten Lagen, Schlecker zahlt wenig
       Miete, hält die Kosten gering. Die schlichte Ausstattung der Läden
       suggeriert, dass auch die Preise niedrig seien. Von diesem Kundenirrtum
       lebte die Firma lange Zeit.
       
       Und das Geschäft boomt tatsächlich. In den Neunzigern eröffnen jedes Jahr
       an die tausend neue Schlecker-Filialen, das bedeutet: Bis zu drei neue
       Schlecker-Märkte pro Tag. Im Jahr 2007 gehören Schlecker mehr als 14.000
       Läden in dreizehn Ländern. Wenn er neue Läden eröffnet, räumt ihm die
       Industrie hohe Rabatte ein. So kann er mit dem Geld von den neuen Filialen
       die Probleme mit den wirtschaftlich maroden alten kaschieren.
       
       ## 
       
       Obwohl nun mehrere zehntausend Menschen für ihn arbeiten, interessiert sich
       Anton Schlecker nicht für moderne Managementprinzipien. Er setzt auf alte
       Methoden: Überwachen und Strafen. Seine Mitarbeiter lässt Schlecker
       bespitzeln, abmahnen, er bezahlt unter Tarif. In den Läden gibt es lange
       kein Telefon. Er ist der böseste Chef Deutschlands. Er tut nie etwas um
       diesen Ruf loszuwerden.
       
       Erst als die Firma ins Schlingern gerät, macht er Zugeständnisse. Und weil
       man einen Neuanfang nicht mit alten Gesichtern verkaufen kann, schiebt
       Anton Schlecker seine Kinder vor.
       
       „Ich hab mich gewundert, dass die beide jetzt ins Management aufgestiegen
       sind, dass die überhaupt das Geschäft des Vaters übernehmen wollen. So wie
       ich die beiden von früher kenne, hätte ich das nie gedacht“, sagte ein
       ehemaliger Mathelehrer der Schlecker-Kinder der sonntaz.
       
       Jetzt sind Lars und Meike Schlecker die Geiseln der Katastrophe.
       
       Wie die beiden Kinder mit dieser neuen Rolle umgehen, warum das System
       Schlecker irgendwann zusammenbrechen musste und was es mit dem Ehinger
       „Sauna-Club“ auf sich hat, lesen Sie in der Ganze Geschichte „Die
       Schlecker-Saga“ in der [1][sonntaz vom 24./25]. März 2012. Am Kiosk,
       [2][eKiosk] oder gleich im [3][Wochenendabo]. Und für Fans und Freunde:
       [4][facebook.com/sonntaz]
       
       24 Mar 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /sonntaz
   DIR [2] /zeitung/e-paper/e-kiosk/
   DIR [3] /zeitung/abo/wochenendabo
   DIR [4] http://www.facebook.com/sonntaz
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kirsten Küppers
       
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