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       # taz.de -- Reaktionen auf Pro-Atom-Studie an der HU: „Notfalls eine Sperrklausel“
       
       > Im Zuge der Schwalbach-Affäre an der Berliner Humboldt Uni fordern
       > Politiker klare Spielregeln. Wirtschaft und Wissenschaft müssten
       > entflochten werden.
       
   IMG Bild: Aus der Humboldt Uni ist vorerst keine Stellungnahme zu erwarten.
       
       BERLIN taz | Die Humboldt Universität bekommt Druck: In der Affäre um
       Professor Joachim Schwalbach fordern nun auch Wissenschaftsfunktionäre und
       Bundestagsabgeordnete eine entschiedene Aufklärung des Falles.
       
       „Wenn es so problemlos möglich ist, sich hier lapidar auf die Rechtslage
       zurückzuziehen, dann sollte auch geprüft werden, ob die Rechtslage
       entsprechend verändert werden muss“, sagte der Sprecher des
       wirtschaftsnahen Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft, Michael
       Sonnabend, zur taz. „Die Humboldt-Universität sollte so viel wie möglich
       dazu beitragen, die zahlreichen offenen Fragen aufzuklären. Alles andere
       öffnet Spekulationen Tür und Tor.“
       
       Die [1][taz hatte den Fall des Berliner Ökonomen Joachim Schwalbach publik
       gemacht]. Der hatte sich bereit erklärt, für das Deutsche Atomforum eine
       135.000 Euro teure Pro-Atom-Studie zu erstellen. Das Geld dafür sollte
       jedoch über das Konto der Ehefrau fließen, die Hochschule erfuhr davon aus
       der Zeitung. Doch ob sein Handeln Konsequenzen hat – und welche –, [2][will
       die Universität nicht mitteilen]. Das Interesse des Professors daran, dass
       die Universität sich über ihn nicht äußere, habe Vorrang vor einem
       öffentlichen Interesse an einer Aufklärung des Falls.
       
       Das kritisieren nun auch Bildungspolitiker im Bundestag. Der
       SPD-Abgeordnete Swen Schulz sagte der taz: „Es ist offenkundig, dass es ein
       öffentliches Interesse daran gibt, was ein öffentlich bezahlter
       Wissenschaftler wissenschaftlich macht. Die Hochschule muss nun mitteilen,
       ob sie Konsequenzen gezogen hat oder ob sie dies unterlassen hat.“
       
       Der forschungspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Martin Neumann,
       regte an, über eine „Sperrklausel nachzudenken, die davor schützt, dass
       Wissenschaftler ihr Wissen aus ihrer öffentlichen Tätigkeit gewinnbringend
       in den privaten Bereich transferieren“. Notfalls müssten die
       landesrechtlichen Bestimmungen überprüft werden.
       
       Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion im
       Bundestag, sagte: „Die Haltung der Hochschule kann als Aufforderung
       verstanden werden, als Professor ruhig Nebengeschäfte auf solche Weise zu
       tätigen.“
       
       ## Wissenschaftssenatorin sieht kein Problem
       
       Unterdessen sieht die zuständige Berliner Senatorin für Bildung und
       Wissenschaft, Sandra Scheeres (SPD), offenbar kein Problem. Ihr Sprecher
       teilte mit: „Die Senatsverwaltung hat keine Anhaltspunkte, dass es hier
       Versäumnisse gibt.“
       
       Bundespolitiker wollen nun die Initiative ergreifen. So befasste sich am
       Dienstag die Linksfraktion mit einem eigenen Gesetzesentwurf, der zeitnah
       ins Parlament eingebracht werden soll.
       
       Damit soll die Bundesregierung aufgefordert werden, „gemeinsam mit den
       Ländern eine Initiative zur Zugänglichmachung und Offenlegung von
       Kooperations- und Stiftungsverträgen mit Hochschulen zu ergreifen und eine
       entsprechende Verpflichtung in den jeweiligen Gesetzen zur
       Informationsfreiheit bzw. der Hochschulgesetzgebung zu verankern“. Eine
       ähnliche Gesetzesinitiative soll in der kommenden Woche auch in der
       SPD-Fraktion auf den Weg gebracht werden.
       
       Eine andere [3][Transparenz-Offensive haben unterdessen Berliner Aktivisten
       im Internet gestartet]. Sie rufen – ähnlich wie [4][seinerzeit bei
       Exminister Guttenberg] – dazu auf, eine weitere Arbeit des Wissenschaftlers
       Schwalbach nach Fehlern zu durchsuchen. Der hatte 2011 im Streit um die
       Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe ein Gutachten im Auftrag der
       Berliner Industrie- und Handelskammer geschrieben. Die Kritiker bezweifeln
       auch hier die Belastbarkeit der Ergebnisse.
       
       21 Mar 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!80791/
   DIR [2] /Pro-Atom-Studie-an-der-HU/!89878/
   DIR [3] http://www.de.schwalbiswag.wikia.com
   DIR [4] http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/GuttenPlag_Wiki
       
       ## AUTOREN
       
   DIR M. Kaul
   DIR S. Heiser
       
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