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       # taz.de -- Die Wahrheit: Sepp, der Friedensengel
       
       > Fifa-Chef Joseph Blatter vergibt die nächste WM neu und stiftet so
       > Frieden im gebeutelten Syrien.
       
   IMG Bild: Der einzigartige, außergewöhnliche und bewundernswerte König des Fußballs, Joseph Baltter der Erste.
       
       Es ist die Sensation des Jahres. Und ein Ereignis, das in die Geschichte
       der Menschheit eingehen wird als der „Fußballfrieden von Zürich“. Denn der
       Präsident des Weltfußballverbandes Fifa, Joseph Blatter, hat am gestrigen
       Dienstag verfügt, dass Brasilien die Austragung der Weltmeisterschaft 2014
       entzogen wird. Stattdessen werde Syrien die WM in zwei Jahren ausrichten.
       Schließlich sei, so Blatter, „der Fußball der einzig wahre Friedensstifter
       in der Welt“.
       
       Wie sich zuvor gezeigt hatte, war die internationale Diplomatie im Fall
       Syrien an ihre Grenzen gestoßen. So musste Kofi Annan, der Sondergesandte
       der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, nach Gesprächen mit Syriens
       Präsident Baschar al-Assad ohne Ergebnis aus Damaskus abreisen. Assad hatte
       alle konkreten Vorschläge abgelehnt, wie der Krieg im Land beenden werden
       könnte. Deshalb habe man nun andere Maßnahmen ergreifen müssen, sagte
       Annan, der nach seinem Besuch in Syrien direkt nach Zürich in die
       Fifa-Zentrale flog. Dort ergriff der Fifa-Chef Blatter die Initiative und
       erklärte: „Der Fußball vereinigt die Völker und kann mit seiner positiven
       Energie einen großen Beitrag in einer bösartigen und verrückten Welt
       leisten.“
       
       Mit dem neuen Gastgeberland Syrien zöge der Weltverband nun auch „dringend
       notwendige“ Konsequenzen aus der „chaotischen“ Vorbereitung in Brasilien,
       wo „nichts funktioniert“, klagte der Fifa-Chef. „Die Stadien und Flughäfen
       sind nicht im Zeitplan, es gibt nicht ausreichend Hotels, die Straßen sind
       in desolatem Zustand, die Arbeiter streiken, und jetzt wurde auch noch
       Verbandsboss Ricardo Teixeira wegen lächerlicher Korruptionsvorwürfe
       entlassen“, erläuterte Blatter.
       
       Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff ließ verlauten, sie sei zwar
       froh, wenn sie mit „diesen Kolonialherren von der Fifa“ nichts mehr zu tun
       haben müsse. Dann könne sich ihr Land endlich voll und ganz auf die
       Olympischen Spiele 2016 konzentrieren. Da Blatter aber von Amts wegen dem
       Internationalen Olympischen Komitee angehört, „kommt er durch die Hintertür
       wieder hier rein“, seufzte Rousseff. Blatter zeigte sich unbeeindruckt; er
       sei es gewohnt, durch Hintertüren zu gehen.
       
       Laut Fifa hat man bereits eine Kontaktgruppe zu Assad entsandt. Dieser
       solle zum WM-Organisations-Chef-Koordinator ernannt werden und über
       umgerechnet 700 Milliarden Euro an Investitionen für den Bau von Stadien
       und die Errichtung der entsprechenden Infrastruktur verfügen. Den Verdacht,
       die prekäre Lage in Syrien für eigennützige Zwecke zu missbrauchen, wies
       Blatter weit von sich. „Die Fifa ist eine saubere Institution. Alle meine
       Kollegen sind ehrenwerte Herren und arbeiten ehrlich und hart.“ Auch die
       arme Bevölkerung profitiere, schließlich bedeute eine Weltmeisterschaft
       einen „Push fürs Wachstum“.
       
       Zudem sei Fußball in Syrien die klare Sportart Nummer eins. „In den
       Straßen, den Orten der Tränen und der Trauer, wird es dann auch wieder
       Grund zur Freude geben“, so Blatter. Die Disqualifikation der syrischen
       Nationalmannschaft aufgrund eines nicht berechtigten Spielers habe sich
       damit selbstverständlich erledigt, erklärte ein Fifa-Sprecher. Als
       Gastgeber sei Syrien, derzeit auf Platz 126 der Fifa-Weltrangliste,
       automatisch qualifiziert.
       
       Der Sprecher ergänzte: „Wir gehen mit der WM in Gegenden der Welt, wo sie
       noch nie war. Osteuropa, Russland, Katar, Syrien. Das ist Neuland, und das
       passt genau in die Entwicklungsarbeit des jetzigen Präsidenten und früheren
       Entwicklungshelfers. Wir gehen mit der WM dorthin, wo sie noch etwas mehr
       bewegt als nur Kommerz.“
       
       Blatter verwies auf die WM 1978 in Argentinien, die während der
       Militärdiktatur ein „Signal der Freundschaft und des Friedens“ gesendet
       habe, sowie auf die diesjährige Europameisterschaft in der Ukraine. Die
       dortige politische Lage habe sich wenige Monate vor Beginn der EM beruhigt:
       „Oder haben Sie in den letzten Tagen noch etwas von Julia Timoschenko
       gehört?“
       
       Eine Idee für den weiteren Verbleib Assads und seiner Familie habe der
       Fifa-Präsident auch schon. Blatter schlug vor, Assad könne nach dem Finale
       am 13. Juli 2014 nach Moskau ins Exil gehen. „Dort kann er sogar alle
       Spiele der WM 2018 in Russland live sehen.“ Er werde höchstpersönlich seine
       „guten Kontakte nach ganz oben“ nutzen und für einen Platz in der Ehrenloge
       im Moskauer Luschniki-Stadion sorgen: „Wenn das kein perfekter Anreiz ist.“
       
       14 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Kokoska
       
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