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       # taz.de -- Radsport-Team Saxo Bank ohne Contador: Null Punkte
       
       > Das Team Saxo Bank war ganz auf Alberto Contador ausgerichtet. Seitdem
       > dessen Dopingsperre greift, wird es eng für den dänischen Rennstall. Die
       > Lizenz steht auf dem Spiel.
       
   IMG Bild: Sein Ausfall bringt das Team Saxo Bank in arge Nöte: Dopingsünder Alberto Contador.
       
       CHIETI taz | Abhängigkeiten sind eine schlechte Sache. Dies erfährt gerade
       der Rennstall Saxo Bank. Weil Teamchef Bjarne Riis im letzten Jahr ganz
       unverfroren auf den dopingbelasteten Radstar Alberto Contador setzte, durch
       dessen Sperre viele Siege aber hinfällig werden, steht der Abstieg in die
       zweite Radsportliga bevor. Sportlich ist das einstige Toursiegerteam schon
       in den unteren Gefilden angekommen. Dies zeigte das Etappenrennen Tirreno
       Adriatico.
       
       Manuele Boaro immerhin wehrte sich. 230 Kilometer hatte der Italiener in
       einer Fluchtgruppe bei eisigen Temperaturen durchgehalten. Mehr als 12
       Minuten betrug zwischenzeitlich der Vorsprung. Als Bestplatzierter seiner
       Ausreißerkollegen konnte er über viele Rennkilometer das blaue Trikot des
       Gesamtführenden auf seinen Schultern spüren. Doch vergeblich ist die Müh.
       
       Boaro wurde eingefangen. Saxo Bank verbleibt in dieser Saison bei null
       Punkten und null Siegen. Weil dem Team laut Regelwerk der UCI die 471
       Punkte aberkannt werden dürften, die Alberto Contador 2011 errungen hat,
       ist es an die letzte Stelle der ProTour-Teams gerutscht. Die verbleibende
       Punktzahl reicht nicht für eine Lizenz in der obersten Liga des Radsports.
       Die endgültige Entscheidung darüber wird für nächste Woche, unmittelbar
       nach dem Frühjahrsklassiker Mailand–Sanremo, erwartet.
       
       Fällt sie aus, wie sie Paragraf 2.15.040.2 des Reglements vorschreibt,
       gingen bei Saxo Bank die Lichter aus. Das Team verlöre das automatische
       Startrecht für die ProTour-Rennen. Aus dem Dilemma könnten nur Wild Cards
       der Veranstalter heraushelfen.
       
       ## Ein einziger Weltklassemann
       
       Mit der bisherigen Saisonperformance drängt sich die Truppe für solche
       Einladungen aber nicht gerade auf. Mit Sprinter Juan José Haedo gehört nur
       ein einziger Weltklassemann zum Team. Doch selbst der Argentinier musste
       bei seiner Heimatrundfahrt, der Tour de San Luis, ein paar aufstrebende
       Italiener an sich vorbeilassen.
       
       Schwer in die Bredouille gerät auch der Giro d’Italia. Der startet Anfang
       Mai ausgerechnet in Dänemark. „Wir wollen den Giro, der in Italien ein
       Gigant ist, im Ausland aber immer noch ein Zwerg, international bekannter
       machen. Da wäre es für die dänischen Fans natürlich sehr bedauerlich, wenn
       ausgerechnet das einheimische Team nicht zu einer gelungenen Veranstaltung
       beitragen könnte“, sagte Giro-Manager Michele Acquarone.
       
       Er sah in einem Gespräch mit der taz am Rande des ebenfalls vom
       Giro-Ausrichter RCS veranstalteten Tirreno–Adriatico wenig Chancen für
       einen Einstieg durch die Hintertür. „Wir können nur eine neue Wild Card
       vergeben, wenn kein neues Team in die ProTour nachrückt oder eines, das
       bereits eine Wild Card erhalten hat“, sagte er. Auf diese Wild Card
       spekuliert schon das bisher nicht zum Giro eingeladene Team Acqua e Sapone
       mit den früheren Giro-Siegern Garzelli und Di Luca.
       
       Saxo Banks Teamboss Bjarne Riis meidet in letzter Zeit Radsportevents. Der
       tapfere Ausreißer Boaro meinte nur: „no comment“, als er auf die
       Punktesituation angesprochen wurde. Der sportliche Leiter Fabrizio Guidi
       wartet mit Durchhalteparolen auf: „Wir müssen nach vorn gucken und Siege
       einfahren.“ Als Rezept dafür nannte er „mannschaftliche Geschlossenheit“.
       
       Die war in den Tagen der Voigt & Cancellara, Sastre & Schleck tatsächlich
       ein Siegelement. Jetzt hat sich das Niveau des Teams freilich geschlossen
       um ein, zwei Etagen nach unten gesenkt. Saxo Bank zahlt den Preis dafür,
       nach der Massenflucht der eigenen Leute zu Team Leopard Trek den Neuanfang
       aufgeschoben und ganz auf Alberto Contador gesetzt zu haben. In
       hierarchischen Systemen ist es eben so: Verzockt sich der Boss, baden es
       die Angestellten aus.
       
       12 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tom Mustroph
       
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