URI: 
       # taz.de -- Fußball-Bundesliga: Motorpsycho in der Kurve
       
       > Köln spielte 1:0 gegen Hertha BSC. Dabei gab es Rote Karten, frei
       > drehende Funktionäre und einen Trainer als Derwisch: Am Rhein regiert
       > endlich wieder der Wahnsinn.
       
   IMG Bild: Der Kölner Trainer Stale Solbakken gab den Derwisch am Spielfeldrand, hier gegenüber dem Herthaner Torwart Thomas Kraft.
       
       Während in Bayern katalanische Verhältnisse herrschen, ist in der heiligen
       Stadt Köln am Rhein wieder der ganz normale Wahnsinn ausgebrochen. Ein
       Wahnsinn, der zunächst auf dem Platz stattfand, wo sich zwei eher
       rumpelfüßige Abstiegskandidaten gegenseitig in den Abgrund zu ringen
       versuchten, dann auf den Rängen, wo sich die Menschen benahmen wie „bei
       einem Rockkonzert“, und schließlich in den verantwortlichen Zentralen des
       lustigen Vereins. Aber der Reihe nach.
       
       Der Eff-Zeh spielte also gegen die Hertha, diesen schwankenden Kahn aus der
       Hauptstadt, befehligt von einem Greis und gesteuert von einem schielenden
       Navigator, oder umgekehrt, man weiß es ja gar nicht mehr so genau. Da war
       viel von einem königlichen Retter die Rede, dessen 1:0-Fußball ein
       aktuelles Pleiteland mal zum Europameister machte. Hinten dicht, und vorn
       geht mal irgendein Kopfball rein, das war ja schon immer der Plan gewesen,
       der königliche.
       
       Diesmal hatte ein sehr gut aufgelegter Michael Rensing („Das war das
       geilste Spiel, seit ich hier in Köln aktiv bin“), der ebendiesen einen
       Hubnik-Kopfball entschärfte, etwas dagegen. Auf der anderen Seite half dann
       der Mann an der Linie, der bei Clemens’ goldenem Tor das Abseits übersah.
       Statt 1:0- gab es Berliner 0:1-Fußball. Und damit nahm der Wahnsinn seinen
       Lauf.
       
       Der Wahnsinn bedeutete nämlich, dass eine eigentlich schwache Kölner Truppe
       endlich wieder über sich hinauswuchs. Novakovic lieferte sich ein
       Privatduell mit dem anderen Ex-Bayern im Tor, Thomas Kraft. Podolski
       versuchte sich als Mischung aus Xavi und Iniesta und versorgte alle da vorn
       mit grenzgenialen Pässen.
       
       ## Eine Spielphase mit vielen bunten Karten
       
       Jajalo, just eingewechselt, hämmerte den Ball erst knapp am Gestänge vorbei
       und trat dann die nächste Phase des Spiels los, die mit vielen bunten
       Karten zu tun hatte: Erst gab es dann auch Rot für ihn, dann Gelb wegen
       eines Frustfouls für Kobiashvili, der sich auch noch mit Podolski anlegte
       und dann ebenso schnell in die Dusche durfte. Und Prinz Poldi hatte wohl
       einige „polnische Schimpfwörter“ (so der „Sportschau“-Kommentar) parat,
       weswegen er gleich folgen konnte.
       
       Nach dem Spiel, das irgendwie logisch zu Ende ging, nämlich ohne den
       verdienten Ausgleich für die Hertha (die ist dafür einfach nicht das Team),
       sprang dann der Funke über. Erst auf den Trainer Solbakken, der trotz
       Herzschrittmachers mehr Adrenalin ausschüttete als zehn sich vom Dom
       stürzende Bungeespringer und wie ein Irrwisch vor der Südkurve feierte,
       dann auf den Vorstand, der sich noch am Abend vom Modell „Breisgauer
       Fußballpädagogik“ in Person von Sportdirektor Finke trennte. 
       
       Wäre ja auch langweilig, wenn alles harmonisch wäre beim FC. Dass sich hier
       einmal der Trainer durchsetzt – in Sachen Personalplanung, auch rund um den
       anstehenden Poldi-Transfer nach London hatte es wohl ’ne Menge Knies
       gegeben –, ist allerdings tatsächlich erwähnenswert. „Motorpsycho“
       Solbakken hat jedenfalls nicht umsonst vor der Kurve gefeiert.
       
       11 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR René Hamann
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Köln entlässt Stale Solbakken: Diesmal wirklich!
       
       Fußball-Bundesligist 1. FC Köln hat sich aufgrund der akuten Abstiegsgefahr
       von Trainer Stale Solbakken getrennt. Nachfolger für die letzten vier
       Saisonspiele wird Frank Schaefer.
       
   DIR Bayern-Präsident schwört Trainer die Treue: Ein nervöser Kulturpessimist
       
       Vor dem kniffligen Spiel gegen Basel leistet Bayern-Präsident Uli Hoeneß
       einen Treueschwur auf Jupp Heynckes. Der wiederum greift die
       Mediengesellschaft an.
       
   DIR 25. Spieltag Fußball-Bundesliga: Werder hängt Hannover ab
       
       Geht doch! Mit 3:0 schlägt Werder Bremen Hannover 96. Damit vergrößert sich
       der Abstand zum direkten Konkurrenten im Kampf um einen Startplatz für den
       internationalen Wettbewerb.
       
   DIR Ex-Profi über Homophobie im Fussball: „Es wird bald das erste Outing geben“
       
       Im Fußball gilt allein das Leistungsprinzip, sagt Bastian Reinhardt. Der
       Ex-Profi hat deshalb nur wenig Bedenken, falls ein schwuler Profi
       öffentlich seine Orientierung preisgibt.
       
   DIR Wahl zum DFB-Präsidenten: Reingekrochen in die Macht
       
       Am Freitag wird der neue DFB-Präsident gewählt. Der Gegen-kandidat von
       Wolfgang Niersbach macht sich ein letztes Mal Gedanken über seinen
       übermächtigen Gegner.
       
   DIR Otto Rehagel in Berlin: Fußballtennis, keine Tore
       
       Otto Rehhagel ist der Gauck der Bundesliga: Ein Hoffnungsträger für die
       Hauptstadt. Jetzt muss er Hertha retten. Erstmal werden Kopfbälle geübt.
       
   DIR Fussball-Bundesliga: Hertha im Niemandsland
       
       Die Berliner verlieren 0:1 gegen Meister Dortmund. Angesichts des
       Trainercoups juckt das kaum jemand.