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       # taz.de -- Proteste in Russland: Volk vs. Putin
       
       > Auch wenn es weniger Demonstranten werden: Die Opposition in Russland
       > geht weiter gegen die Wahl von Wladimir Putin auf die Straße. Aus den
       > Protesten soll eine politische Kraft werden.
       
   IMG Bild: Das Alter spielt keine Rolle: Weiße Schleifen als Zeichen des Protests.
       
       MOSKAU rtr/afp | Knapp eine Woche nach der umstrittenen Präsidentenwahl in
       Russland haben am Wochenende erneut Tausende Menschen ihren Unmut über
       Ministerpräsident Wladimir Putin auf die Straße getragen.
       
       Wie schon bei den Kundgebungen zuvor skandierten die Menschen „Russland
       ohne Putin“. Doch die [1][Proteste gegen den 59-Jährigen], der nach dem
       Votum zum dritten Mal als Präsident in den Kreml einzieht, verloren an
       Zulauf: Die Organisatoren sprachen von 25.000 Teilnehmern - vor der Wahl
       waren es zeitweise rund vier Mal so viele Demonstranten.
       
       Die Teilnehmer aber setzten ihre Strategie fort: Wieder trugen sie weiße
       Schleifen, die zum Symbol der [2][seit drei Monaten andauernden Proteste]
       geworden sind. Sie schwenkten Fahnen, forderten auf Transparenten Neuwahlen
       und riefen „Zeit zum Wandel“.
       
       Der frühere Schachweltmeister und Oppositionspolitiker Garri Kasparow rief
       die Demonstranten auf, sich nicht entmutigen zu lassen. Die Russen hätten
       mit der ersten Amtszeit Putins als Präsident vor zwölf Jahren ihre Freiheit
       verloren. „Es ist unmöglich, sie in drei Monaten zurückzugewinnen.“ Die
       Opposition werde so lange demonstrieren, „bis unsere wichtigsten
       Forderungen erfüllt sind“, sagte einer der Anführer der Protestbewegung,
       Wladimir Ryschkow.
       
       Er forderte politische Reformen, eine unabhängige Justiz, ein Ende der
       Zensur und vorgezogene Neuwahlen. Die russische Regierung sei „nicht
       legitim“, rief er den Demonstranten zu. Der Chef der oppositionellen
       Linksfront, Sergej Udalzow, kündigte an, zu einem neuen Protest zur
       Amtseinführung Putins im Mai „eine Million Menschen“ auf die Straße zu
       bringen.
       
       ## Proteste in politische Kraft umwandeln
       
       Die Opposition hatte nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten
       Präsidentschaftswahl am 4. März angekündigt, die Proteste zu einem
       ständigen Begleiter von Putins dritter Amtszeit im Kreml werden zu lassen.
       Angesichts der sinkenden Beteiligung stellten sich die Organisatoren aber
       auch offen die Frage, ob Massenproteste nach sechs Kundgebungen innerhalb
       von drei Monaten das richtige Mittel sind, um Putin herauszufordern. Einige
       schlugen vor, sich als politische Kraft zu formieren und der Bewegung so
       mehr Gewicht zu verleihen.
       
       Der oppositionsnahe Politikwissenschaftler Dmitri Oreschkin plädierte
       dafür, politische Parteien zu gründen, die den Protesten einen
       „institutionelle Form“ geben sollten. Auch die prominente
       Fernsehmoderatorin Xenia Sobtschak forderte die Protestbewegung auf, ihre
       Forderungen deutlicher zu vertreten. „Wir alle wissen, wogegen wir sind.
       Wir müssen zeigen, was wir wollen“, sagte sie.
       
       In St. Petersburg widersetzten sich rund 300 Putin-Gegner einem
       Demonstrationsverbot. Die Polizei schritt ein und nahm rund 40 Teilnehmer
       fest, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die
       Polizei berichtete. Auch in der Stadt Nischni Nowgorod löste die Polizei
       eine nicht genehmigte Demonstration auf und nahm laut Interfax rund 85
       Menschen fest.
       
       11 Mar 2012
       
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