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       # taz.de -- Wahlkampf in Frankreich: Dann eben rechtsradikal
       
       > Präsident Nicolas Sarkozy sucht im Wahlkampf aus der Defensive zu kommen.
       > Dabei scheut er sich nicht, alle Register zu ziehen, wenn es gegen
       > Ausländer geht.
       
   IMG Bild: Es gebe zu viele Ausländer, meinte Sarkozy im französischen Fernsehen.
       
       PARIS taz | Beim Kampf um seine Wiederwahl setzt der französische Präsident
       Nicolas Sarkozy offensichtlich bewusst auf den Anschein, dass er
       ausländerfeindliche Themen nicht allein dem rechtsextremistischen Front
       National von Marine Le Pen überlassen will.
       
       Bei einer Wiederwahl wolle er die Zuwanderung von Ausländern erschweren,
       erklärte er deshalb dem französischen TV-Sender France 2 am Dienstagabend.
       Ihre Zahl sollte von jährlich etwa 180.000 auf 100.000 fast halbiert
       werden.
       
       Es gebe zu viele Ausländer, meinte Sarkozy, dessen Vater einst aus Ungarn
       nach Frankreich eingewandert war. Das französische Integrationsmodell stoße
       unter diesem Druck an seine Grenzen.
       
       Die Gewährung sozialer Leistungen für Ausländer solle zudem von einem
       mindestens zehnjährigen Aufenthalt sowie einer mindestens fünfjährigen
       Berufstätigkeit abhängig gemacht werden. Zudem müssten Ausländer für den
       Fall einer Einbürgerung Französischkenntnisse sowie Kenntnisse über das
       Staatssystem nachweisen.
       
       Mehr als 5 Millionen Fernsehzuschauer saßen am Dienstagabend vor dem
       Bildschirm. Sie wollten wissen, ob der bisherige Staatschef wirklich schon
       alles Pulver verschossen hat und bereits als „Expräsident“ abgeschrieben
       wird, oder ob er im Gegenteil nun erst recht in Fahrt kommt, weil man an
       seinen Siegeschancen zweifelt.
       
       Sehr schnell bewies Sarkozy in diesem Kandidaten-Intensivtest „Worte und
       Taten“ auf dem Sender France 2, dass er von seiner seit 2007 legendären
       Schlagfertigkeit und Kämpfernatur als Kandidat nichts eingebüßt hat. Er
       schätzte es gar nicht, dass ihn die Journalisten mit Zahlen zu seiner
       Bilanz belästigen. Der Tonfall wurde schnell etwas zu aggressiv.
       
       ## Niederlage ausgeschlossen
       
       Zwar liegt er in der Wählergunst hinter seinem sozialistischen Gegner
       weiterhin klar zurück. François Hollande dominiert bisher die Debatte, er
       hat mit seinem Vorschlag einer drastischen Besteuerung der Einkommen ab 1
       Million Euro seinen rechten Gegner in die unbequeme Lage manövriert, die
       Reichsten verteidigen zu müssen, die in den vergangenen Jahren mehr als
       alle anderen Schichten von seiner Steuerpolitik profitiert haben.
       
       Seitdem er 2007 seinen Wahlsieg mit betuchten Wahlspendern im
       Luxusrestaurant „Fouquet’s“ und Ferien auf einer Luxusjacht eines
       befreundeten Milliardärs feierte, haftet Sarkozy das Image eines „Freunds
       der Reichen“ an. Zu Unrecht, sagt er, denn er möchte nun die größten
       Konzerne Frankreichs stärker belasten, die praktisch keine Steuern bezahlen
       – wie er jetzt entdeckt hat.
       
       Das Kampagnenteam von Sarkozy hatte alles auf einen fulminanten Start des
       Präsidenten gesetzt. Bisher erschien der Öffentlichkeit seine Kampagne aber
       zu sehr wie eine aufgewärmte Version von 2007, und das reicht nicht. „Die
       Sarkozy-Methode von 2007 funktioniert nicht mehr“, konstatiert auch die
       Zeitung Le Monde, die wie andere Medien der Meinung ist, Sarkozys Wahlkampf
       sei bereits an einem kritischen Punkt angelangt. Wie vor fünf Jahren aber
       will dieser mit Tabus brechen und parteipolitische Grenzen überschreiten.
       
       Eine Niederlage schließt er selbst aus: Die Wende soll für ihn am Sonntag
       ein Treffen in Villepinte im Norden von Paris bringen, wo er mehr als
       30.000 Anhänger erwartet. Nach einer aktuellen Umfrage hat Hollande seinen
       Vorsprung auf Sarkozy jedoch ausgebaut. In der ersten Runde am 22. April
       könnte er demnach auf 30 Prozent der Stimmen setzen (plus 2 Punkte),
       Sarkozy auf 28 Prozent (plus 1 Punkt).
       
       Sarkozy machte sich dennoch bei dem gut dreistündigen TV-Auftritt über
       seinen politischen Gegner lustig. Hollande sei ein netter Mensch ohne
       jegliche Regierungsverantwortung, der es allen recht machen und nicht nein
       sagen könne, meinte Sarkozy. Hollande konterte mit der Bemerkung: „Die
       Franzosen wollen, dass man von ihnen spricht und nicht nur von dem, der ihr
       nächster Präsident sein will.“
       
       7 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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