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       # taz.de -- Forschung in Deutschland: Der Bund kehrt zurück
       
       > Die Regierung will das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern bei
       > der Bildung lockern. Die Opposition kritisiert die Änderung als
       > kurzsichtig.
       
   IMG Bild: Bei der Forschung will der Bund auch mitmachen.
       
       BERLIN taz | SPD und Grüne kritisieren die von der Regierung geplante
       Lockerung des sogenannten Kooperationsverbots in der Bildung als zu
       kurzsichtig.
       
       Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und
       Technikfolgeabschätzung, Ulla Burchardt (SPD), sagte der taz, dass ihre
       Partei einer Grundgesetzänderung in der von der vom Koalitionsausschuss
       geplanten Form nicht zustimmen werde. „Eine Änderung des
       Kooperationsverbotes ausschließlich für den Wissenschaftsbereich ist mit
       der SPD nicht zu machen“, sagte die SPD-Politikerin.
       
       Im Koalitionsausschuss hat sich die Regierung am vergangenen Sonntag unter
       anderem auf eine Lockerung des Kooperationsverbots in der Bildung
       verständigt. Durch eine kleine Änderung im Grundgesetz soll es künftig
       möglich sein, dass Bund und Länder nicht nur befristet sondern dauerhaft
       bei der Förderung von Hochschulen zusammenarbeiten können. Das sind gute
       Neuigkeiten insbesondere für jene Hochschulen, die vom Bund im Rahmen der
       Exzellenzinitiative noch bis 2017 unterstützt werden. Für den Schulbereich
       ändert sich hingegen nichts.
       
       Gleichwohl freute sich Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU):
       „Heute ist ein guter Tag für die Wissenschaft“, erklärte die Ministerin am
       Montag. In der neuen Regelung sieht sie eine Chance auf Stärkung der
       Hochschulen und eine bessere Vernetzung. Außerdem würde die Neuregelung den
       Wissenschaftsstandort Deutschland auch international attraktiver machen.
       Größere Mitspracherechte würde der Bund als Gegenleistung für die Förderung
       nicht beanspruchen, erklärte Schavan. Und auch keine Bundesuniversitäten
       einführen.
       
       Wird die Änderung umgesetzt, bedeutet das eine teilweise Rückkehr des
       Bundes in die Bildungspolitik. In Folge der Föderalismusreform im Jahr 2006
       hatte sich der Bund weitgehend aus der Bildungspolitik und
       Bildungsfinanzierung zurückgezogen und diese den Ländern überlassen. Für
       den Schulbereich soll sich nichts ändern, milliardenschwere Programme wie
       das Ganztagsschulprogramm bleiben auch künftig untersagt.
       
       ## „Entsetzt über die Kurzsichtigkeit“
       
       „Ich bin entsetzt über die Kurzsichtigkeit der Koalition“, so Burchardt.
       Sie verwies auf die immer noch zu große Zahl von Jugendlichen, die ohne
       Schulabschluss die Schule verlassen. Das Bildundssystem sei in der Breite
       nicht leistungsfähig genug. „Deshalb ist es notwendig, dass Bund und Länder
       Bildung als Gemeinschaftsaufgabe finanzieren“, forderte Burchardt.
       
       Auch die Grünen fordern eine umfassende Bildungsreform, von der auch
       Schüler als „Fachkräfte und Akademiker von morgen“ profitieren. Der
       Grünen-Bildungsexperte Kai Gehring, sagte der taz: „Wir Grüne werden jeden
       Vorschlag, der das Kooperationsverbots lockert, im Parlament prüfen - noch
       liegt uns von CDU, CSU, FDP und Ministerin Schavan aber gar nichts vor. Wir
       wollen eine bessere Kooperationskultur im Bildungs- und
       Wissenschaftsbereich.“
       
       Nach Auskunft Schavans wird die Regierung voraussichtlich Ende Mai über
       einen Gesetzentwurf beraten. Nach der Sommerpause sollen dann Bundesrat und
       Bundestag über die Grundgesetzänderung abstimmen. Wenn alles gut läuft,
       könnte die Änderung am 01.02.2013 in Kraft treten. Dafür bräuchte Schavan
       allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag.
       
       Neben den Abgeordneten von CDU und FDP müssten also noch mehr als 80
       Mitglieder der Opposition dafür stimmen. Schavan appelierte deshalb
       besonders an die SPD, sich den Änderungen nicht in den Weg zu stellen und
       so die Hochschulen im Stich zu lassen.
       
       5 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR A. Koark
   DIR A. Lehmann
       
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