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       # taz.de -- Folgen der Ölkatastrophe in Louisiana: „Die Ölpest hat unser Leben verändert“
       
       > Seit der Ölkatastrophe 2010 leiden Fischer und Anwohner unter der
       > Verschmutzung. Das ökonomische und ökologische Gleichgewicht der Region
       > ist zusammengebrochen.
       
   IMG Bild: Die Folgen der explodierten Ölplattform Deepwater Horizon sind für die Anwohner existentiell.
       
       WASHINGTON taz | In Louisiana sind die Küstenbewohner traditionell sowohl
       mit der Ölbranche als auch mit der Fischerei verbunden. Wer nicht in der
       Fischerei arbeitet, geht auf eine Ölplattform auf hoher See oder in eine
       der Raffinerien und Chemiefabriken an Land. Bei der Explosion der
       „Deepwater Horizon“ kamen elf Arbeiter ums Leben, und das ökonomische und
       ökologische Gleichgewicht der Region brach zusammen.
       
       Der Fischfang und die Muschel-, insbesondere die Austernzucht waren in dem
       ölverschmutzten Golf monatelang verboten. Inzwischen gehen zwar vereinzelt
       wieder Kutter auf Fang, aber sie bringen Fische mit schwarzen Fleckchen
       zurück und eine ungewohnt große Menge missgebildeter Meeresfrüchte. Ende
       vergangenen Jahres waren 35 Prozent der für Louisiana typischen Brown
       Shrimps kopflos.
       
       Die Chemikerin Wilma Subra, von der Umweltorganisation Louisiana
       Environmental Action Network (LEAN) hat in den Sedimenten der Feuchtgebiete
       im Mündungsdelta des Mississippi sowie in Fanggut alle möglichen Giftstoffe
       nachgewiesen, von Naphthalin bis hin zu Arsen. Gefährliche Lösungsmittel –
       mit Substanzen, die aus Rohöl stammen – hat sie auch im Blut von
       Reinigungsarbeitern festgestellt. Zusammen mit Ärzten hat Subra eine Liste
       von neuen Krankheiten erstellt. Sie reicht von Gedächtnisverlust bis hin zu
       Fehlgeburten. Gegenüber der taz erklärt die Chemikerin, dass eine
       Restauration des Ökosystems „sehr lange dauern wird: vielleicht mehrere
       Generationen“.
       
       ## Kein Fisch und keine Muscheln
       
       Die ehemalige Shrimp-Fischerin und heutige Aktivistin Margaret Curole in
       Galliano im Südwesten von New Orleans spricht von einem „traumatischen
       Ereignis, das unser ganzes Leben verändert hat“. Seit der Ölpest essen
       viele in Louisiana, wo die traditionelle Küche aus Seafood besteht, keinen
       Fisch und keine Muscheln mehr. Curole: „Ich würde keine Tiere essen, die
       ohne Augen an Land gekommen sind.“ Viele legendäre Picknicks längs der
       Altwasserarme, der sogenannten Bayous, und an den Stränden fallen „ins Öl“.
       Auch die psychischen Auswirkungen der Ölpest auf die Familien sind
       schwerwiegend. Curole spricht von Alkoholismus, häuslicher Gewalt bis hin
       zum Steigen der Scheidungsrate.
       
       Zusätzlich belastend war für viele Familien in Louisiana das Ölmoratorium,
       das die US-Regierung nach der Ölpest verhängte. Während der
       Reinigungsarbeiten und mehrere Monate danach stoppte sie die Arbeiten zu
       Untersuchungen auf sämtlichen Offshore-Bohrstellen. Tausende Jobs an Land
       waren betroffen. Politisch wirkte sich dieser Schritt in Louisiana, wo sich
       zahlreiche Ölraffinerien sowie chemische Industrieanlagen befinden, vor
       allem gegen Präsident Barack Obama aus. Obama gilt in Louisiana vielen
       nicht etwa als Politiker, der die Sicherheit und Gesundheit der Bürger in
       den Vordergrund stellt, sondern als der Präsident, der die Ölbranche
       behindert und Jobs vernichtet.
       
       Mit dem Sinken der Einnahmen gerieten Tausende Menschen in die Abhängigkeit
       von Suppenküchen. Zugleich kamen Tausende Hauseigentümer in Louisiana in
       Zahlungsverzug. Seit der Ölpest haben die Räumungsklagen noch weiter
       zugenommen. Der Wert der Immobilien ist gefallen. Die Ölpest war in
       Louisiana die zweite Katastrophe binnen fünf Jahren. Im August 2005 hatte
       der Hurrikan „Katrina“ zahlreiche Opfer gefordert und weite Teile der
       Wetlands zerstört. Doch jene, die nach der zweiten Katastrophe Louisiana
       verlassen wollen, sitzen in der Falle. „Niemand kann hier weg“, sagt
       Fischereiaktivistin Curole, „niemand will unsere Häuser kaufen.“
       
       4 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
   DIR Deepwater Horizon
   DIR BP
       
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