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       # taz.de -- Syriens Armee schießt weiter auf Zivilisten: Angriff auf die nächste Protesthochburg
       
       > Ganze Wohnviertel sind ohne Medikamente, Öl und Lebensmittel. Assads
       > Armee schießt aber weiter auf Zivilisten. Die Städte Kusair und Rastan
       > sollen unter Panzerbeschuss stehen.
       
   IMG Bild: Panzer in Rastan Ende Januar. Seit Anfang Februar ist die Stadt unter Kontrolle der Assad-Gegner.
       
       BEIRUT rtr/dapd | Die Lage der Bevölkerung in der syrischen
       Oppositionshochburg Homs wird immer verzweifelter. Trotz wachsender
       internationaler Kritik haben die Regierungstruppen ihre Angriffe am
       Wochenende auf Homs und andere Orte des Landes ausgeweitet. Panzer
       beschossen die Stadt Kusair an der Grenze zum Libanon sowie Rastan nördlich
       von Homs, berichten Augenzeugen.
       
       Die Armee hinderte das Rote Kreuz trotz offizieller Zusagen weiterhin
       daran, Hilfsgüter in das weitgehend zerstörte Stadtviertel Baba Amr zu
       bringen. „Wir machen uns sehr große Sorgen um die Menschen in Baba Amr“,
       sagte IKRK-Sprecher Saleh Dabbakeh am Sonntag.
       
       Die monatelange Belagerung hat das Gebiet weitgehend von der Versorgung mit
       Öl, Lebensmitteln und Medikamenten abgeschnitten. Die Weigerung der
       örtlichen Truppen, dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK)
       trotz der offiziellen Erlaubnis durch die Regierung Zugang zu gestatten,
       deuten Oppositionelle als Zeichen, dass die Helfer nicht Zeugen eines
       verübten Massakers werden sollten. Bisher konnten die Rotkreuz-Helfer nach
       eigenen Angaben nur damit beginnen, Hilfsgüter in dem Dorf Abel drei
       Kilometer entfernt von Homs auszuteilen. Geplant sei es, Lebensmittel,
       Decken und Medizin zumindest in die Nähe von Baba Amr zu bringen, um so aus
       dem Stadtteil geflohene Einwohner zu erreichen.
       
       ## Gezielte Militäraktion gegen Journalisten
       
       Die aus Homs entkommenen französischen Journalisten William Daniels und
       Edith Bouvier bezeichneten unterdessen den Angriff auf sie als gezielte
       Militäraktion. „Wir hatten das Gefühl, direkt attackiert zu werden“, sagten
       sie der Tageszeitung Le Figaro vom Samstag, für die beide arbeiten.
       
       „Es gab mindestens fünf Explosionen in Folge“, sagten Daniels und Bouvier
       gegenüber der Zeitung. Am 22. Februar sei das als Pressezentrum der
       syrischen Opposition genutzte Haus, in dem sie sich zusammen mit anderen
       Kollegen aufgehalten hatten, bereits ab dem frühen Morgen beschossen
       worden.
       
       „Die syrischen Aktivisten bei uns hatten solchen Bombardement schon viel
       erlebt und erkannten die Gefahr umgehend“, sagten die beiden Journalisten.
       Die Aktivisten hätten daraufhin zur sofortigen Flucht gedrängt.
       
       Als Erste hätten die US-Journalistin Marie Colvin und der französische
       Kollege Rémi Ochlik das Gebäude verlassen. „Die Explosion war schrecklich,
       sie befanden sich praktisch auf dem Präsentierteller und waren sofort tot“,
       beschrieben Daniels und Bouvier die folgenden Ereignisse.
       
       Die Französin wurde später verletzt und zusammen mit dem unversehrten
       Fotografen Daniels zunächst in ein provisorisches Krankenhaus und später in
       ein Haus im umkämpften Stadtteil Baba Amr gebracht.
       
       Beide kehrten am späten Freitag nach Frankreich zurück. Die Leichname
       Colvins und Ochliks trafen am frühen Sonntag in Paris ein. Im Homs nahm die
       Armee am Samstag einen Wohnbezirk unter Beschuss, in den tausende
       Zivilisten geflohen waren, wie Aktivisten und Mitarbeiter von
       Hilfsorganisationen berichteten.
       
       Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte sprach von einem „reinen Racheakt“
       der Soldaten, die mit Minenwerfern und Maschinengewehren auf den Bezirk
       Jobar feuerten. Der Stadtteil liegt neben Baba Amr. Aus dem Viertel selbst
       wurden von Aktivisten Hinrichtungen gemeldet. Von unabhängiger Seite konnte
       dies nicht überprüft werden.
       
       4 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Beate Seel
       
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