URI: 
       # taz.de -- FDP-Politikerin für die Frauenquote: Wenn Kinder politisch machen
       
       > FDP-Politikerin Sybille Laurischk fühlte sich unter Männern akzeptiert.
       > Erst als sie Kinder bekam, spürte sie die gläserne Decke und wurde
       > "politisch wach".
       
   IMG Bild: Sybille Laurischk (r.) präsentiert mit anderen Politikerinnen die Berliner Erklärung.
       
       BERLIN taz | Sie hat es lange nicht wahrgenommen, das Problem. Für Sibylle
       Laurischk lief ja alles gut. Sie studierte in Heidelberg Jura, absolvierte
       1980 das zweite Staatsexamen, und schon hatte sie einen Superjob bei KPMG.
       Über ihre vier Jahre bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sagt sie
       heute: „Da war ich unter lauter Männern, aber akzeptiert. Da hab ich immer
       meinen Weg gemacht.“
       
       Eine Frauenquote war in den Achtzigern eine Spezialveranstaltung der neu
       gegründeten Grünen und der taz-Redaktion; sonst war Chancengleichheit für
       Frauen in der alten Bundesrepublik eher kein Thema. Hätte man Laurischk da
       nach ihrer Meinung gefragt, hätte sie die Quote für „kontraproduktiv“
       erklärt. Frauen brauchen keine besondere Unterstützung. Im Wettbewerb zeigt
       sich, was man kann.“
       
       Heute sieht sie das anders. Sibylle Laurischk ist Erstunterzeichnerin der
       Berliner Erklärung – und dass es mal so weit mit ihr kommen würde, dass sie
       die Frauenquote befürwortet, hätte sie selbst am wenigsten gedacht.
       Verändert haben sie zwei Dinge: ihre Kinder und ihre Erfahrung als
       Politikerin.
       
       Sie sei „durchs Kinderkriegen politisch geworden“, sagt sie, „Mutter zu
       sein hat mich politisch wach gemacht.“ Vor zehn Jahren zog sie für die FDP
       in den Bundestag ein, seit zwei Jahren ist sie nun Vorsitzende des
       Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Und da, in der
       „harten Politik“, hat sie erkannt: „Es braucht eine Verpflichtung.“
       
       Laurischk sitzt in ihrem Bundestagsbüro. Sie ist nicht direkt sauer, wenn
       sie davon erzählt, was aus ihrer Fraktion an Reaktionen auf die
       interfraktionelle Quoteninitiative kam. Nämlich: nichts. Womöglich rührt
       ihre Gelassenheit daher, dass sie an sich selbst erlebt hat, wie lange es
       dauern kann, bis Politiker erkennen, dass sie kommen muss, diese Quote.
       
       In der FDP wird gern gespottet über das Thema. Beim Parteitag der
       baden-württembergischen Liberalen im Januar gab es drei Kategorien von
       „Spinnern“, auf die die Redner gern einschlugen: Stuttgart-21-Gegner,
       ostdeutsche Kostgänger und Quotenbefürworter. Gerade mal 23 Prozent der
       Parteimitglieder sind Frauen, in den Gremien sind sie kaum sichtbar. Auch
       Sibylle Laurischk findet, da sei „so gar keine Botschaft: Ja, Frauen sind
       gewollt und wichtig in unserer Partei.“
       
       Laurischk ist seit 22 Jahren Mitglied. Sie arbeitet als Anwältin in
       Offenburg, sitzt für die FDP im Stadtrat. Ihre drei Kinder hat sie allein
       großgezogen. Zwischen 23 und 27 Jahre alt sind sie jetzt. Seltsam, mit
       ihnen hat sie nie über die Quote gesprochen. „Dieses Thema“, sagt sie,
       „erreicht Frauen in aller Deutlichkeit erst, wenn sie Kinder haben und sie
       die gläserne Decke spüren. Die sehen: Ich könnte es besser als der Kollege,
       aber es ist kein Durchkommen.“
       
       1 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Feministischer Kampftag
   DIR Schwerpunkt Feministischer Kampftag
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Frauenpolitik der FDP: Wenn zum Frauentag ein Mann spricht
       
       Es gibt Frauenpolitik in der FDP, doch sie kommt schon in der eigenen
       Partei nicht an. Am Wochenende entscheiden liberale Frauen, ob sie
       offensiver auftreten.
       
   DIR FDP hält nichts von Frauenquote: Frauenministerin kapituliert vor der FDP
       
       Lieber doch beweglich bleiben, meint Kristina Schröder. Weil die FDP die
       gesetzliche Frauenquote für „nicht erforderlich“ hält, hat die
       Familienministerin ihre eigene Idee aufgegeben.
       
   DIR CDU-Politikerin für die Frauenquote: Zweijahresverträge statt unbefristet
       
       Die CDU-Politikerin Nadine Schön wollte nur nach Leistung beurteilt werden.
       Doch bei der Jobsuche merkte sie, wie Männer grundsätzlich bevorzugt
       wurden.
       
   DIR CSU-Politikerin für die Frauenquote: Dorothee Bär und die Scheinargumente
       
       Die CSU-Politikerin Dorothee Bär war früher gegen eine Quote für Frauen –
       heute hält sie Gendervorträge. Für sie ist klar: Selbstverpflichtungen
       bringen nichts.
       
   DIR Quoten in Aufsichtsräten: Frauenkampf im Bundestag
       
       Abgeordnete aller Fraktionen propagieren in ihrer "Berliner Erklärung" eine
       30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte. Auch Frauen von FDP und Union sind
       dafür.