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       # taz.de -- Beate Klarsfeld als Kandidatin der Linken: Gegen die Gauck-Einheitsfront
       
       > Kandidatin Beate Klarsfeld soll dafür sorgen, dass die Linkspartei
       > Stimmen über den eigenen Kreis hinaus gewinnt. Ob das gelingt, ist
       > fraglich.
       
   IMG Bild: Beate Klarsfeld, hier im Jahr 2009, kandidiert auf Vorschlag der Linkspartei
       
       Es hätte ein bisschen besser laufen können, sagt Gesine Lötzsch, Chefin der
       Linkspartei. Der kleine Saal im Karl-Liebknecht-Haus in Berlin ist
       überfüllt mit Journalisten. Es geht um die Bundespräsidentenwahl – und
       warum die Linksparteispitze die Kandidatenkür so unelegant über die Bühne
       brachte. Und Lötzsch will abwiegeln.
       
       Im Parteivorstand hagelte es am Montagmorgen Kritik an Klaus Ernst und
       Gesine Lötzsch. Planlos sei das Spitzenduo vorgegangen. Lötzsch hatte
       Klarsfeld früh ins Spiel gebracht, doch ohne mit Klarsfeld darüber ein Wort
       gesprochen zu haben. Klarsfeld hatte dann bei Lötzsch telefonisch
       nachgefragt, ob das ein ernst gemeintes Angebot war. Danach ventilierte die
       Linksparteispitze noch zwei andere Namen.
       
       Der Kölner Politologe Christoph Butterwegge hatte offenbar die
       Unterstützung des Gewerkschaftsflügels: Er sagte ab, als klar wurde, dass
       es eine Kampfabstimmung gegen Klarsfeld geben könnte. Luc Jochimsen, linke
       Bundestagsabgeordnete und Kandidatin 2010, zog Montagmorgen zurück.
       
       ## Unprofessionelle Kandidatensuche
       
       Nicht nur der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich fand die
       Kandidatensuche „ausgesprochen unprofessionell“. Parteichef Klaus Ernst
       meinte dazu achselzuckend: „Wir sind eben keine Durchstellerpartei.“ Will
       sagen: Die Spitze entscheidet, die Basis pariert – so funktioniert die
       Linkspartei nicht. Die Kritiker der Parteispitze hatten indes den Eindruck,
       dass die nicht wusste, wohin sie wollte.
       
       Jetzt, nach der Entscheidung, scheint die Partei an einem Strang zu ziehen.
       Der 12-köpfige Parteivorstand hat einstimmig für Klarsfeld votiert: Auch
       Christine Buchholz, die der trotzkistischen Strömung nahesteht und
       entschieden israelkritische Positionen vertritt. Die Haltung zu Israel ist
       ein Bruchpunkt, an dem manche in der Linkspartei mit Klarsfeld über Kreuz
       sind.
       
       Die Linkspartei muss geschlossen hinter der Kandidatin stehen, wenn
       aufgehen soll, was sie sich verspricht: die Stimmen der Gauck-Zweifler
       einzusammeln. Das wäre ein Erfolg, gerade im Fall der
       Bundespräsidentschaftswahl am 18. März. 2010 drängte Rot-Grün die
       Linkspartei mit dem Kandidaten Gauck in die Ecke, 2012 schloss Angela
       Merkel Gysi & Co von allen Beratungen nach dem Wulff-Rücktritt aus.
       
       ## Positives Echo von Einzelnen
       
       Jetzt hofft die Linkspartei, dass sie mit Klarsfeld in der
       Bundesversammlung mehr als die 125 Stimmen des eigene Lagers bekommt. Am
       Wochenende, so Ernst und Lötzsch, habe man bei einzelnen Sozialdemokraten
       und Grünen schon mal vorgefühlt – mit positivem Echo.
       
       Einer der möglichen Abweichler ist Memet Kilic, migrationspolitischer
       Sprecher der grünen Fraktion im Bundestag. Beate Klarsfeld lobt er als
       „hervorragende Persönlichkeit“. Und: „Gerade in einer Zeit des NSU-Terrors
       und des Versagens der Sicherheitsapparate ist ihre Kandidatur ein wichtiges
       Zeichen“, so Kilic zur taz. Doch wählen wird er die Linken-Kandidatin
       trotzdem nicht.
       
       „Ich will meiner Fraktion nicht in den Rücken fallen.“ Am 18. März werde er
       sich, wie angekündigt, enthalten. Gauck findet Kilic wegen seiner
       Sarrazin-Äußerungen unwählbar. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hatte
       kürzlich etwas voreilig erklärt, dass auch Kilic für Gauck stimmen wird.
       
       ## In der deutschen Politik ziemlich unkundig
       
       Kühl reagiert man in der SPD auf die Klarsfeld-Kür. Wolfgang Thierse hält
       sie für „eine Alibi-Kandidatur für eine zerstrittene Partei“. Klarsfeld sei
       nicht wählbar, so der SPD-Mann zur taz, weil sie „in der deutschen Politik
       ziemlich unkundig“ ist.
       
       Abwogener klingt das Urteil des schleswig-holsteinischen SPD-Landeschef
       Ralf Stegner: „Klarsfeld ist eine respektable Persönlichkeit, deren
       Positionen über die der Linkspartei hinausgehen.“ Dennoch wird Stegner für
       Gauck stimmen. Zudem kritisiert er das Kalkül der Linkspartei: „Sie hätte
       korrigieren können, dass sie bei der letzten Wahl Christian Wulff zum
       Kandidaten gemacht hat“, so Stegner zur taz.
       
       Die SPD-Linke und bayerische Bundestagsabgeordnete Bärbel Kofler hält
       Klarsfeld „für eine würdige Kandidatin“. Trotzdem werde sie Gauck wählen.
       Alles „andere wäre unserem Kandidaten gegenüber unangemessen“. Einfach wird
       der Einbruch ins rot-grüne Lager für Klarsfeld nicht.
       
       Mitarbeit: Gordon Repinski
       
       27 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
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