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       # taz.de -- Griechische Medien: Mach's dir selbst
       
       > Weil die griechische "Eleftherotypia" pleite ist, veröffentlichen die
       > Mitarbeiter sie in Eigenregie. Jetzt erscheint die zweite Ausgabe – mit
       > deutlich gesteigerter Auflage.
       
   IMG Bild: Am Kiosk ist die "Eleftherotypia" die zweite Zeitung von links.
       
       BERLIN taz | Sie stemmen sich mit aller Kraft gegen die alles überrollende
       Krise - die Redakteure, Grafiker und Drucker der griechischen Tageszeitung
       Eleftherotypia (deutsch: "Freie Presse"). Am Samstag veröffentlichen sie
       daher ihre zweite selbstverlegte Zeitung. 65.000 Exemplare umfasst die
       Auflage, deutlich mehr als bei der Erstausgabe, die vor einer Woche
       erschien.
       
       Seit August 2011 bekommen die Mitarbeiter von Eleftherotypia keine Gehälter
       mehr ausgezahlt. Ein halbes Jahr lang haben sie aus journalistischer
       Überzeugung und Verantwortungsgefühl gegenüber den Lesern umsonst
       gearbeitet. Es folgte ein Streik über 45 Tage. Doch das war für die
       Belegschaft auf längere Sicht nicht genug und so haben die Mitarbeiter das
       Blatt komplett selbst in die Hand genommen.
       
       Am 15. Januar 2012 erschien die erste Ausgabe der selbstverwalteten Zeitung
       mit 56 Seiten und einer Auflage von 40.000 Exemplaren. Sie fand großen
       Anklang, dennoch können die knapp 800 MitarbeiterInnen, welche die
       Eleftherotypia in gemeinsamer Arbeit herausgebracht haben, nach wie vor
       nicht von den Einnahmen der Zeitung leben.
       
       Aber sie machen weiter. Besonders in der Krisenzeit ist eine komplett
       unabhängige Zeitung an den Kiosken in Griechenland mehr als gewollt. "Der
       Absatz unserer komplett unabhängigen eigenen Zeitung war sehr gut. Das hat
       uns extrem motiviert, weiterzumachen", sagt Dimitris Psarras, einer der
       vier neuen Chefredakteure. "Die Stimmung nach diesem Erfolg ist natürlich
       besonders gut und das Zusammengehörigkeitsgefühl ist nochmals gefestigt
       worden."
       
       Die Eleftherotypia, die sich auf dem Deutschen Zeitungsmarkt wohl zwischen
       Tagesspiegel und taz ansiedeln würde, galt schon immer als eine unabhängige
       Zeitung. Der im Jahr 1975 gegründete Verlag war damit stets eine Ausnahme
       in der griechischen Medienlandschaft, da er sich nicht in die Abhängigkeit
       von Kapitalgebern begeben hat. Jetzt wird diese Unabhängigkeit angesichts
       der Selbstverwaltung der Tageszeitung durch ihre Belegschaft noch weiter
       gestärkt.
       
       Andere Verlage haben ihren Betrieb bereits eingestellt oder drastisch
       reduziert. So erscheint die Tageszeitung To Vima nur noch wöchentlich und
       so sind die Zeitung Apogevmatini und Die Welt des Investors komplett von
       der medialen Bildfläche verschwunden. Das Ziel der Mitarbeiter von
       Eleftherotypia ist klar: Es soll wenigstens bei der wöchentlichen Ausgabe
       der ehemaligen Tageszeitung bleiben. An einer dritten Ausgabe wird bereits
       gearbeitet.
       
       24 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Theodora Mavropoulos
       
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