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       # taz.de -- Ausschreitungen nach Koran-Verbrennung: Schüsse auf aufgebrachte Afghanen
       
       > Bei Protesten gegen Koran-Verbrennungen in Afghanistan gab es Tote. Die
       > US-Armee will ihre Soldaten besser auf "den korrekten Umgang mit
       > religiösem Material" vorbereiten.
       
   IMG Bild: Afghanen werfen Steine auf die US-Luftwaffenbasis in Bagram.
       
       HUDKHIL rtr/afp/dpa | Nach der Verbrennung von Koran-Ausgaben auf dem
       US-Stützpunkt Bagram ist es am Mittwoch in der afghanischen Hauptstadt
       Kabul zu schweren Ausschreitungen gekommen. Dabei sollen mindestens zwei
       Menschen gestorben sein.
       
       Wütende Demonstranten setzten nach Angaben der Polizei Fahrzeuge in Brand
       und griffen Geschäfte an. Hunderte Afghanen lieferten sich
       Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften, wie Journalisten der
       Nachrichtenagentur afp berichteten.
       
       Bei Schüssen auf die Demonstranten wurden demnach mindestens drei Menschen
       verletzt. Aus Sicherheitskreisen im ostafghanischen Dschalalabad hieß es,
       bei Zusammenstößen in der Hauptstadt der Provinz Nangarhar seien zwei
       Demonstranten ums Leben gekommen, andere Quellen sprechen von fünf Toten.
       Es war zunächst unklar, wer die Schüsse abfeuerte. Die Demonstranten hätten
       zuvor die Fensterscheiben von Autos eingeworfen. Es sei der Eindruck
       entstanden, die Polizei habe geschossen.
       
       Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichteten, auch in anderen Teilen
       der Hauptstadt hätten sich wütende Menschen versammelt. Aus
       Sicherheitsgründen ordnete die US-Botschaft in Kabul ein Reiseverbot für
       ihre Mitarbeiter an. Laut AFP gab es auch in der ostafghanischen Stadt
       Dschalalabad Proteste, rund tausend Studenten blockierten dort eine
       Hauptstraße.
       
       Die US-Regierung und der Kommandeur der Isaf-Truppen, John Allen, kündigte
       eine umfassende Untersuchung an. Zudem sollten alle ISAF-Soldaten von
       Anfang März an ein Training erhalten, das die Erkennung, Bedeutung,
       Lagerung und den korrekten Umgang mit religiösem Material umfasst.
       
       ## Entsorgung von "extremistischer Literatur"
       
       Allen entschuldigten sich am Dienstag für das Vorgehen der Soldaten.
       Afghanische Arbeiter hatten zuvor beim Durchwühlen einer Müllhalde am
       US-Stützpunkt Bagram rund eine Autostunde von Kabul entfernt verkohlte
       Exemplare des Koran gefunden.
       
       Vonseiten der USA verlautete, die Soldaten hätten beschlossen,
       "extremistische Literatur" und anderes Material, das in der Bibliothek
       zurückgeblieben war, zu entsorgen. Die Bibliothek befand sich in einem
       Bereich des Stützpunktes für Gefangene. "Die Bücher seien aus gutem Grund
       entfernt, aber auf schlechtem Weg entsorgt worden", sagte ein US-Vertreter
       Reuters.
       
       Allen hatte sich zwar entschuldigt, aber keine Details zu dem Vorfall
       genannt. "Sofort nachdem wir von dem Vorgehen erfahren haben, haben wir es
       unterbunden", sagte der Kommandeur. "Das war in keiner Weise Absicht",
       betonte Allen. Er bat den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, die
       Regierung des Landes und vor allem die Bevölkerung um Entschuldigung.
       
       22 Feb 2012
       
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