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       # taz.de -- Präsidentschaftskandidat gefunden: Gauck noch mal
       
       > CDU gibt Bedenken gegen Joachim Gauck als neuen Bundespräsidenten auf.
       > FDP setzt den von SPD und Grünen unterstützten Theologen durch.
       
   IMG Bild: Soll es noch ein zweites Mal versuchen: Joachim Gauck.
       
       BERLIN dpa/dapd/taz | Joachim Gauck soll neuer Bundespräsident werden.
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gab am Sonntagabend ihren Widerstand
       gegen den Favoriten von SPD und Grünen auf. Auch die FDP hatte überraschend
       den Ex-DDR-Bürgerrechtler unterstützt. Die Union lenkte ein, um einen
       drohenden Koalitionsbruch abzuwenden.
       
       Die Einigung auf Gauck als gemeinsamen Kandidat von Union, FDP, SPD und
       Grünen bestätigte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntagabend in Berlin
       auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Parteichefs und [1][Gauck].
       Der Kandidat sagte: "Das ist natürlich für mich ein besonderer Tag." Die
       Kanzlerin habe ihm ihre Hochachtung versichert. "Das Wichtige daran ist,
       dass Sie mir Vertrauen entgegengebracht haben", sagte der 72-Jährige zu
       Angela Merkel.
       
       Vorausgegangen waren zum Teil zähe Verhandlungen zwischen den
       Regierungsparteien. Der ostdeutsche Theologe Gauck war der Favorit der SPD.
       Auch die Grünen sahen in ihm einen geeigneten Bundespräsidenten.
       
       Die schwarz-gelbe Koalition stand hingegen wegen der Kandidatenfrage am
       Sonntag [2][am Rande eines Scheiterns]. Merkel hatte innerhalb der
       Unionsspitze deutlich gemacht, dass sie Gauck, der 2010 gegen den am
       Freitag zurückgetretenen Christian Wulff verloren hatte, nicht unterstützen
       wolle. Die FDP-Spitze um Philipp Rösler hielt aber an Gauck fest, den
       wiederum zuvor die SPD als ihren Favoriten genannt hatte. Die Union soll
       aber während einer Telefonkonferenz auf Gauck eingeschwenkt sein. Kanzlerin
       und CDU-Chefin Angela Merkel hatte die Spitzen von SPD und Grünen daraufhin
       ins Kanzleramt eingeladen.
       
       Die FDP hatte sich am Sonntag überraschend einstimmig hinter Gauck gestellt
       und damit die Union düpiert. Der FDP-Vorstoß löste heftige Reaktionen im
       Unionslager aus. Die Lage war verfahren, weil die FDP zugleich auch die
       [3][von der Union vorgeschlagenen Anwärter Töpfer und Altbischof Wolfgang
       Huber], ehemaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche, nicht haben
       wollte.
       
       Bei der ums Überleben kämpfenden FDP hieß es, nach zwei Jahren der
       Demütigung könne man nicht mehr alles von der Union schlucken, die in der
       Präsidentenfrage alle parteiübergreifenden Kompromisse blockiere. "Wir
       setzen auf volles Risiko", sagte ein FDP-Regierungsmitglied.
       
       Der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hatte zuvor das Verhalten der
       Union als "peinlich" bezeichnet. CDU und CSU blockierten Gauck allein, weil
       sie einen "Gesichtsverlust" für Merkel fürchteten, sagte Kubicki im ZDF.
       SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte an, notfalls werde Rot-Grün zusammen mit
       der FDP Gauck wählen.
       
       "Der FDP gebührt Respekt und Anerkennung, dass sie geholfen hat Joachim
       Gauck als Bundespräsident durchzusetzen. Der Einsatz der FDP war sicherlich
       nicht selbstlos. Aber das Ergebnis zählt", sagt
       SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermannam Abend.
       
       Das Verhältnis der beiden Ostdeutschen Merkel und Gauck gilt als
       angespannt. Der Gründungschef der Stasiunterlagen-Behörde hatte 2010 gegen
       den am Freitag zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff
       kandidiert und erst im dritten Wahlgang verloren.
       
       Bundespräsident Wulff war am Freitag nach nur 20 Monaten Amtszeit
       zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete am Wochenende gegen
       ihn ein Ermittlungsverfahren ein. Der frühere niedersächsische
       Ministerpräsident steht im Verdacht, Vergünstigungen von befreundeten
       Unternehmern angenommen zu haben.
       
       In der Bundesversammlung hat Schwarz-Gelb nur eine hauchdünne Mehrheit. Die
       Bundesversammlung muss bis zum 18. März ein neues Staatsoberhaupt wählen.
       GA
       
       19 Feb 2012
       
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