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       # taz.de -- die wahrheit: Schnorchel die Morchel
       
       > Vor der Frühjahrsmüdigkeit: Die größten Schlafmützen im Tierreich.
       
   IMG Bild: Der Mensch hat gegen die ganze Winterschläferschar der Tiere nicht die Spur einer Chance.
       
       Auf die Winterschläfrigkeit folgt beim Menschen übergangslos die
       Frühjahrsmüdigkeit, um die gemeinhin viel Aufhebens gemacht wird. Aber wie
       schon der König vom Schlaraffenland im Wettlangschlafwettbewerb mit
       Redaktionsigel Mecki seinerzeit feststellen musste, hat der Mensch gegen
       den Igel und die ganze Winterschläferschar der Tiere nicht die Spur einer
       Chance. Doch im Wettbewerb gegen den wahren König der Langschläfer, den
       Schlafbeutler, dürfte sich auch Langschläfer Mecki verwundert die Augen
       reiben: Im Schlaflabor der Universität of New England verschlief das
       Beuteltier verbürgte 367 Tage!
       
       Ein amerikanischer Nager, vermutlich ein arktisches Erdhörnchen, brachte es
       immerhin auf stolze 320 Tage. Aber auch unsere einheimischen Murmeltiere
       schlafen bis zu neun Monate am Stück weg, und die zwielichtigen Lemuren
       schaffen sieben Monate Schlaf. Der hoch gelobte Siebenschläfer wird
       gemeinhin leider überschätzt, er schläft keinesfalls die sieben Monate, die
       ihm zugeschrieben werden. "Sieben Monate Schlaf? Das fällt ihm gar nicht
       ein", berichtet Klara Hepner in "Jugend-Kosmos - ein Jahrbuch zur
       Unterhaltung und Belehrung" (1921).
       
       Und wie verhält es sich mit einem weiteren vermeintlichen
       Schlafmützenkönig, dem Vater der Faulheit, dem Faultier? Das scheint für
       einen langen Winterschlaf zu faul zu sein, punktet aber mit überzeugenden
       Tagesschlafleistungen. So bringt es ein Zweizehenfaultier auf
       rekordverdächtige 20 Stunden pro Tag.
       
       Doch am guten Faulheitsruf des Faultiers wird neuerdings gekratzt: Während
       Faultiere im Zoo gewöhnlich 16 Stunden durchratzen, haben Wissenschaftler
       herausgefunden, dass die Faultiere in freier Wildbahn lediglich 9,6 Stunden
       schlafen. Häme und Spott ergoss sich anschließend über die armen Tröpfe:
       "Faultiere sind gar nicht faul." (Stern und Kleine Zeitung), "Faultiere
       sind doch keine Schlafmützen" (Scinexx - das Wissensmagazin) und
       "Aufgeweckte Faultiere" (Focus), titelte die ausgeschlafene Presse. Davon
       ungerührt schläft der heimliche Star der Langschläferszene, die Kleine
       Taschenmaus, 20,1 Stunden am Tag, überlegt sich anschließend schlaftrunken,
       was sie mit dem Rest des Tages machen soll und überschläft schließlich das
       Ganze erst einmal.
       
       Gute Schläfer sind auch unsere Katze (13,2 Stunden pro Tag), Taube (11,9
       Stunden) und Hund (10,7 Stunden). Die Ente schläft 9,1 Stunden am Tag und
       hat dabei manchmal ein Auge offen. Die Lerchen unter den Tieren sind Pferd
       (2,9 Stunden im Stehen) und die Giraffe, die nur 1,9 Stunden schläft. Dafür
       gilt sie als Meisterin des Dösens, das bis zu 9 Stunden dauern kann!
       (Urania, 12/1960). Wenn sich die Giraffe dann nach geraumer Überlegung zum
       Schlafen hinlegt, winkelt sie die Vorderbeine und ein Hinterbein unter dem
       Körper an. Nur ein Hinterbein streckt sie weit von sich, das so zur
       berüchtigten nächtlichen Stolperfalle in der Savanne wird.
       
       Ganz anders legen sich kapitale Steinböcke zur Ruhe. Hediger beschreibt,
       dass diese "im Liegen mit rückwärts gebeugten Kopf das Gehörn auf die
       Spitzen abstellen". Sogar der große Elefant legt sich nächtens gern ab,
       rollt den Rüssel auf und nimmt robuste Störungen seiner Schlafgenossen, wie
       das Auflegen eines Beines auf den Kopf hin, ohne aufzuwachen. Doch das
       leiseste Fremdgeräusch lässt die grauen Riesen aus dem Schlaf auffahren.
       
       Der Flamingo wiederum schläft auf einem Bein, Albatross und Fregattvogel
       schnorcheln sogar im Flug und Robben und Nilpferde unter Wasser, so dass
       Zoobesucher die schlafenden Tiere nicht selten als ertrunken melden.
       
       Und unser alter Freund Grimbart, der Dachs? Dem sagte man lange nach, im
       Winterschlaf eingerollt an seiner Drüsentasche, der "Schmalzröhre" zwischen
       Schwanz und After, zu saugen. Alles Jägerlatein, der Dachs schläft wie
       unsere Weibchen manierlich auf dem Bauch und träumt dabei vom Frühjahr mit
       seiner wunderbaren Frühjahrsmüdigkeit!
       
       20 Feb 2012
       
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   DIR Schlaf
       
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