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       # taz.de -- Berlinale Special: Die Dokumentation "Marley": Er glaubte sich näher bei Jah
       
       > Der britische Regisseur Kevin Macdonald zeichnet die Karriere der Legende
       > "Marley" nach. Er tut das methodisch genau und mit dem Segen von Marleys
       > Familie.
       
   IMG Bild: Der jamaikanische Musiker Rohan Marley auf der Pressekonferenz zum Film "Marley".
       
       Die Rhythmusgitarre ist eigentlich nicht das, womit Bob Marley in
       Verbindung gebracht wird, und doch hat der jamaikanische Superstar mit ihr
       den Sound des Reggae überhaupt erst angeschoben. Sein akzentuiertes,
       messerscharfes Riffing, das sich stets so anhört, als würde er damit
       Salatgurken raspeln, hat den Beat von Drums und Bass versetzt, weg vom
       gemütlichen Shuffle des Ska, hin zur weltumspannenden, metallisch
       vibrierenden Klangsignatur des Reggae. Eine Signatur, die nach wie vor
       gültig ist, auch wenn sein bekifftes Lebensgefühl in die Jahre gekommen
       sein mag.
       
       Sehr anschaulich zeigt das die Dokumentation "Marley" von Kevin Macdonald.
       Der britische Regisseur ist nicht der Erste, der Bob Marleys Karriere
       nachzeichnet, aber er tut das methodisch so genau wie niemand zuvor und mit
       dem Segen von Marleys Familie. Macdonald gelingt es dabei, den Mythos eines
       Weltstars unangetastet zu lassen, obwohl er alle seine dunklen Stellen
       ausführlich ausleuchtet.
       
       Marleys Verhältnis zu Frauen – er hatte elf Kinder von sieben Frauen. Der
       hinterwäldlerische Bezug zum Rastafarianismus – Marley wähnte sich "näher
       bei Jah", dem Gott der Rastas. Die Rastalocken sind seine Identität, sagt
       er in einem alten Interview. Seine Distanz zur jamaikanischen Politik und
       den Bandenkriegen während Wahlkämpfen – Marley überlebte eine Schießerei.
       
       ## 33 Millionen "Friends"
       
       Macdonald hat Familienmitglieder ebenso wie musikalische Wegbegleiter
       interviewt – etwa Bunny Wailer oder Lee "Scratch" Perry –, sogar mit der
       Krankenschwester, die Bob Marley in Rottach-Egern am Tegernsee pflegte, als
       er unheilbar krank war, hat er gesprochen. Als Bob Marley schließlich an
       den Folgen einer Krebserkankung starb, 1981, auf der Höhe seines Ruhms, war
       er erst 36 Jahre alt.
       
       Er hatte erreicht, was vor ihm kein Jamaikaner geschafft hatte: eine
       weltumspannende Fangemeinde In Afrika, in Japan, in Europa, in den USA,
       quer über alle ethnischen Grenzen hinweg. Das hat sich bis heute kaum
       geändert: Marleys Album "Legend" verkauft jährlich immer noch um die
       250.000 Einheiten, seine Songs tauchten auch im Arabischen Frühling auf.
       Facebook meldet 33 Millionen "Friends".
       
       Marley hatte einen weißen britischen Vater, der seine Mutter bald nach Bobs
       Geburt zugunsten einer anderen Familie verließ. Ein doppelter Makel, ohne
       Vater in den Bergen der Insel in einem Bauerndorf aufzuwachsen und
       Mischling zu sein. Etwas, das Marley zeitlebens beschäftigte, das ihn zu
       zahlreichen Songtexten inspirierte. Seine Familiengeschichte ließ ihn auch
       nicht los, als er mit seiner Mutter in die Hauptstadt Kingston zog, in das
       gefürchtete Ghetto Trenchtown. Im Film konfrontiert Macdonald Bobs
       Halbgeschwister mit Marleys Songs, eine Szene, die zu den spannendsten
       Momenten des Films gehört.
       
       12 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julian Weber
       
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