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       # taz.de -- Proteste gegen Acta: Offline-Demos gegen Netzkontrolle
       
       > Zehntausende haben in ganz Europa gegen das Acta-Abkommen demonstriert.
       > Sie fürchten eine stärkere Kontrolle des Internets.
       
   IMG Bild: Anti-Acta-Demonstranten in Berlin.
       
       DÜSSELDORF/BERLIN taz | Könnte man jetzt hinter Peters Anonymous-Maske
       blicken, man würde ihn wohl zufrieden lächeln sehen. "So viele waren hier
       nicht mehr auf der Straße seit der ersten Occupy-Demo im Herbst."
       
       Der 19-Jährige steht am Samstag inmitten von rund 2.000 Menschen auf dem
       Düsseldorfer Heinrich-Heine-Platz. Vor allem junge Leute sind hier, sie
       tragen "Stop ACTA"-Schilder oder die weißen Masken, wie Peter. Es ist die
       als antriebslos verschriene Facebook-Jugend, die hier ihr Internet
       verteidigt.
       
       Zehntausende haben am Wochenende in ganz Europa demonstriert. Sie fordern
       den Stopp des Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommens (ACTA). Das soll den
       Schutz geistigen Eigentums verbessern, Kritiker befürchten jedoch eine
       ausufernde Überwachung im Internet. "ACTA hat nichts mit Urheberrecht zu
       tun", glaubt Peter. "Es geht darum, immer weiter die Kontrolle im Internet
       auszubauen." Der Schüler trägt eine grüne Fahne mit dem Anonymous-Logo, ein
       kopfloser Anzugträger. Politisch organisiert sei er nicht, aber für den
       Hackerbund habe er Sympathien. "Meinungsfreiheit, darum gehts", sagt er.
       
       Düsseldorf ist nur eine von 55 deutschen Städten, in denen am Samstag gegen
       das Abkommen demonstriert wurde. Aufgerufen hatten unter anderem die
       PFUSSBALLiratenpartei und Teile der "Occupy"-Bewegung.
       
       ## Breites Spektrum
       
       In Berlin versammelten sich etwa 10.000 ACTA-Gegner auf dem Alexanderplatz.
       "ACTA - Rechtsstaat war gestern", "Freiheit statt ACTA" und
       "Gedankenpolizei" steht auf Transparenten.
       
       "Jahrelang haben wir im Netz gekämpft, nun gehen wir auf die Straße",
       begrüßt Stefan Urbach von der Netzaktivistengruppe Telecomix die
       Demonstranten. 2011 hat Telecomix den Arabischen Frühling bei der Umgehung
       von Netzsperren unterstützt, nun mobilisiert sie gegen ACTA. Jan Engelheim
       von Wikimedia fordert einen Stopp des Abkommens. "Die CDU hat kein
       Verhältnis zur Kultur des Teilens im Internet", sagt der Vertreter des
       Trägervereins der Wikipedia bei der Auftaktkundgebung.
       
       Der Demozug kommt am Sitz der International Federation of the Phonographic
       Industry (IFPI) vorbei. Die IFPA ist eine Lobby-Organisation, die sich
       gegen Musikpiraterie und für die Vorratsdatenspeicherung einsetzt. "Heute
       ist nur der Anfang, darauf können sich IFPI und Konsorten gefasst machen",
       schallt es aus dem Lautsprecherwagen, die Demonstranten fordert ein "Recht
       auf Remix" und ein "Recht auf Filesharing".
       
       Das Spektrum der ACTA-Gegner ist breit: Es gibt einen "eigentumskritischen"
       linksradikalen Block, aber auch die Initiative DigitalFUSSBALLe
       Gesellschaft, die einen "fairen Ausgleich" zwischen Urhebern und
       Verbrauchern anstrebt.
       
       ## Viele junge Menschen
       
       Besonders viele junge Menschen protestieren gegen ACTA - anders als bei der
       jährlichen Anti-Überwachungs-Demo "Freiheit statt Angst", die von
       inzwischen etablierteren netzpolitischen Aktivisten geprägt ist. "Das
       Internet ist uns wichtig", sagt etwa Ceren aus Neukölln.
       
       Die 18-Jährige ist mit ihrer Freundin Melisa zur Demo gekommen. "Ich kann
       dann nicht mehr alles auf YouTube sehen", empört sich auch der 12-j Jakob.
       ACTA politisiert eine sehr junge Generation von Internetnutzern. Die
       Abschlusskundgebung gleicht einer Mischung aus Bildungsstreikdemo und
       Techno-Parade.
       
       Auch in anderen EU-Ländern gingen Aktivisten für die Freiheit im Internet
       auf die Straße. "Wir fühlen uns nicht mehr sicher. Das Netz war einer der
       wenigen Orte, wo wir uns frei bewegen konnten", sagte eine 26-jährige
       Programmiererin in Bukarest.
       
       Auch in Sofia, Tallinn, Prag und Warschau wurde gegen ACTA demonstriert.
       Vor allem in Osteuropa wächst die Protestbewegung schnell: Die Gegner des
       Abkommens ziehen Vergleiche mit den Überwachungssystemen in den damaligen
       kommunistischen Staaten. (mit Material von reuters)
       
       12 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR M. Wichmann
   DIR K. Litschko
   DIR M. Laaff
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Occupy-Bewegung
       
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